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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 5)

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(Abbildung Seite 305). Dieses seltsame, halb kirchlich halb profan gestaltete 
Gefäß bietet auf den ersten Blick einen so verschiedenen Typus, daß man 
die Verwandtschaft mit den Krausen im einzelnen nachweisen muß. Der 
Töpfer hat hier mit viel Geduld und Mühe so etwas wie ein Meisterstück 
geschaffen, allerdings nur in technischer Hinsicht. Ästhetisch betrachtet ist 
der Pokal zum mindesten sehr unkeramisch gedacht. Die Form der gotischen 
„Scheuer", wenn sie auch im Siegburger Steinzeug" des XVI. Jahrhunderts 
wieder auftaucht, ist sicher nicht der Töpferei entsprungen, sondern der 
Goldschmiedekunst, die sie am häufigsten im XV. Jahrhundert verwendet 
hat, um Hohlkörper aus Maserholz, Bergkristall oder I-Ialbedelsteinen, wie 
die Doppelscheuer des Mainzer Kurfürsten Dietrich v. Erbach (1434 bis 145g), 
in Metall zu fassen. Der Sechspaßfuß, dem die zwischen den Rundungen vor- 
gezogenen Ecken wie an den Kasseler und Erfurter Krausen nicht fehlen, 
hat durch die durchbrochen eingeschnittenen Maßverzierungen ein völlig 
kirchliches Aussehen erhalten, womit die in gotischen Minuskeln in den 
unteren Fußrand geschnittene Inschrift: „XRC Hli dei vivi misere nobis" 
übereinstimmt. 
Unter dem kapellenförmig gestalteten Knauf ragen in der Art von Wasser- 
speiern angesetzt eine männliche Figur, drei Steinböcke, ein Löwe und ein 
Bär weit heraus, alle freihändig geformt und überarbeitet wie der ganze Fuß. 
Nur der Oberteil ist töpfermäßig gedreht; der Bauch 
hat eine stachlige, an einen gerollten Igel erinnernde 
Oberfläche durch eine der Stempelung der Krausen 
ganz analoge Behandlung erhalten. Mit einem Rund- 
stempel sind Traubennoppen aus je sieben flachen 
Knöpfchen und einem hohen Mittelstachel aufgedrückt, 
auch hier jede Noppe einzeln aufgesetzt und in Schräg- 
reihen dicht aneinandergeriickt. Die Wirkung ist durch 
die langen Stacheln eine andere, der technische Vorgang 
aber genau der gleiche wie bei den Schachbrettmustem 
der Krausen. 
Der vergoldete Silberrand trägt in Renaissance- 
majuskeln graviert ein Zitat aus dem Lucas-Evangelium 
IV, 30 „IHESVS AVTEM TRANSIENS PERMEDIVM 
ILORVM IBA ", dessen Bedeutung an dieser Stelle 
auch dann nicht klar wird, wenn man annimmt, daß die 
Scheuer einmal kirchlichem Gebrauch gedient hätte. 
Die Herkunft aus der Werkstatt der Krausen ergibt 
sich zunächst aus der Gleichartigkeit der dunkelgrauen 
Steinzeugmasse und der dünnen, matten und rotbraunen 
Glasur, die mit derjenigen des Limburger Bechers voll- 
 
"f Beispiele im Kunstgewerbemuseum Cöln. abgebildet im jshreshericht 
des Museums 1904; im Reichsmuseum zu Amsterdam; im Museum zu Wies- Steinzeugkrause 
baden, abgebildet Dornbusch, Kunstgilde der Töpfer in Siegburg, Tafel II, Nr. 7. in Limburg an der Lahn
	        
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