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kommen identisch ist. Dann sind formale Über-
einstimmungen als beweiskräftig anzuführen:
Die gotische Paßform des Fußes mit den vor-
gezogenen Ecken, die man in der Keramik außer-
halb dieser Gruppe vergeblich suchen würde, und
die Musterung des Hohlkörpers vermittels regel-
mäßig wiederholter Stempelung. Schließlich ist
als stärkstes Argument die männliche Figur
in der Reihe der Wasserspeier zu beachten: Der
Kopf mit dem gestrichelten Bart und den ein-
gestochenen Augensternen zeigt ohne Frage den-
selbenTypuswie die Reliefköpfe der vier Krausen,
und auch die Form dieser Krausen selbst ist in der
kleinen Vase wiederholt, welche diese Figur über
der Schulter trägt.
Wenn wir der zeitlichen und örtlichen Her-
kunft dieser Steinzeuggattung nähertreten, so
müssen wir vorerst die Aufschrift des Limburger
Bechers „Anno 1413 ist dise Krausen auf der
Insul Malta aus der Erden Sancti Pauli gemacht
worden" auf ihre Brauchbarkeit als historische
Quelle untersuchen. Leider erweist sie sich als
nahezu wertlos; auf dem Becher wenigstens
150 Jahre nach dessen Entstehung angebracht,
ist sie nichts anderes als ein posthumer Versuch,
die Bedeutung der auffälligen Bartmaske zu
erklären, eine der vielen Anekdoten, welche die
Geschichte der Keramik seit alters her in unver-
wüstlicher Lebenskraft bis zur Gegenwart um-
ranken. Daß der Krugbäcker mit seinen Bart-
De, Daune, wmknmm „, Kam, köpfen nicht den Apostel Paulus darzustellen
beabsichtigte, das zeigt die doppelte und drei-
fache, also rein dekorative Wiederholung des Motivs an den Vasen in Kassel
und in Wien und namentlich das groteske Anbringen desselben Kopfes als
Wasserspeier auf dem Pokal in Kopenhagen. Warum der Verfasser dieser
Inschrift gerade auf die Insel Malta und den Apostel Paulus verfallen ist, läßt
sich wohl erklären mit dem Hinweis auf die Tatsache, daß von Malta aus
Terra sigillata mit dem aufgedruckten Bildnis des Apostels Jahrhunderte hin-
durch als Heilmittel in den Handel gebracht worden ist. Diese leichte weiße
Erde wurde in Malta in Höhlen gegraben, die einstmals dem Apostel als
Obdach gedient haben sollen; daher ihr Name Terra St. Pauli. Eine späte
Quelle,Ludovicis Kaufmannslexikon von 179g", berichtet darüber folgendes:
" Encyklopädisches Kaufmannslexikon alles wissenswerten etc. von C. G. Ludovici, umgearbeitet von
j. C. Schedel, Leipzig 179g. IV. S. 5x8.