NIEDERRHEINISCHE MÖBEL MIT EISEN-
BESCHLAG Sie VON O. VON FALKE-COLN 5b
N der Geschmacksrichtung, nach welcher Samm-
' l _ 15, lungen alter Möbel des Mittelalters und der
' ' Ä Renaissance ausgewählt und zusammengestellt
- . werden, hat sich unverkennbar im Verlauf der
' letztenjahre ein Umschwung vollzogen oder doch
angebahnt in dem Sinne, daß jetzt auch Stücke
von einfachster Gestaltung und bescheidener Ver-
zierung mehr und mehr zu Ehren kommen. Sie
waren früher unbeachtet geblieben, weil es leicht
war, die höchsten Ansprüche an die Erwerbungen
mit einiger Aussicht auf Erfolg zu stellen, so lange man noch aus dem
Vollen sammelte oder zu sammeln glaubte. Die große Mehrheit noch der
Sammlergeneration, als deren erfolgreichster und daher für viele Mitstrebende
maßgebender Vertreter Friedrich Spitzer gelten kann, richtete ihr Augen-
merk fast nur auf die üppigsten und prunkvollsten Denkmäler der Kunsttisch-
lerei der Spätgotik und des Cinquecento. Nicht ein kulturgeschichtlich
getreues Bild alten Hausrats wollte man haben, sondern die glänzendste
dekorative Wirkung. Auch Museen kunstgewerblichen Inhalts verfolgten viel-
fach ähnliche Ziele. Denn so lang die Rücksicht auf die unmittelbare Vorbild-
lichkeit des Museumsbestands für den retrospektiv arbeitenden Kunsthand-
werker starken EinBuß auf die Auswahl der Erwerbungen ausübte, so lange
mußten auch hier diejenigen Werke als die allein wünschenswerten erschei-
nen, die ihre Stilkennzeichen besonders reich und augenfällig ausgeprägt an
der Stirn trugen und die zugleich durch musterhafte Ausführung sich
empfahlen. Leider konnten die hochgespannten Wünsche häufig nur auf
Kosten der Ursprünglichkeit befriedigt werden, indem man es mit Ergän-
zungen und schmückenden Zutaten nicht allzu genau nahm.
Denn der allseitigen Nachfrage nach außergewöhnlichen Prunkstücken
entsprach der tatsächliche Bestand wirklich alter Möbel nicht. Namentlich
in Deutschland nicht. Den Maßstab für die begehrenswerte Qualität der
Ausführung gaben die Nußholzschnitzereien der italienischen und fran-
zösischen Renaissance. Deren wachsartig glatte Modellierung war aber
dem derberen Eichenholz der norddeutschen und niederländischen Möbel
versagt; auch die berühmtesten Denkmäler der Eichenschnitzerei, wie die
Windfangtür Paul van Scheldens im Rathaus von Audenarde oder die Ver-
täfelung Jan Küpers im Kapitelsaal zu Münster in Westfalen kamen dabei
zu kurz. Und wie wenige unter den alten Möbeln reichten auch nur an diese
besten Muster der heimischen Schnitzkunst heran.
Um ein entsprechendes Angebot zu beschaffen, legten der Kunsthandel
und seine verborgenen Helfer die verschönernde Hand an, die ein tüchtiges,
aber einfaches Möbel auf die gewünschte Stufe reichster Ausstattung und