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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 12)

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stammes, in der ein bestimmtes Obiect entstanden ist, unser Interesse 
widmen, wird auch hier im angedeuteten Sinne von einer Uebertragung 
die Rede sein. 
Wir betrachten ferner aber auch die Erzeugnisse menschlichen 
Fleißes und menschlicher Kunstfertigkeit für sich allein, wir schützen 
und erhalten sie ihrer selbst willen; und in diesem Falle mag gar oft 
unsere Neigung für sie nur um so größer sein, je weniger die Betrach- 
tung ihrer bisherigen Schicksale unser freies Urtheil beeinflusst. 
Wir haben es in solchem Falle nur mit dem Gegenstande als 
solchem zu thun, der für sich als sein eigener Anwalt spricht; mit dem 
Gegenstande, dessen Eigenschaften und dessen äußere Erscheinung einzig 
und allein maßgebend für die Bestimmung seines inneren Werthesi sind. 
Einen solchen Gegenstand sieht der Kunstverständige ohne jeglichen 
wahren oder falschen Aufputz, der in subjectiver Weise mitunter so 
überaus leicht geschaffen wird, vor sich; aber auch frei von jeglicher 
störenden, entstellendeu Schlacke -, mit einem Worte, ohne Vorein- 
genommenheit. 
Was hier für das Kunstwerk spricht, beruht auf Eigenschaften 
schöpferischer Thätigkeit, die gleichsam einen Widerhall in unserem 
lnnern wachrufen; wir fühlen, ja wir überzeugen uns, dass der schaffende 
Künstler in seinem Werke das Beste, was in seiner Macht stand, ange- 
strebt und dieses Beste auch erreicht hat; wir empfinden, dass vor Allem 
sein Herz auch theilgenommen hat an seiner Arbeit, dass zwischen 
seinem, den Uebeln eines profanen Alltagslebens entrückten Gemüthe und 
seiner Schöpfung, sei diese auch noch so bescheidener Art, Wechsel- 
beziehungen entstanden waren, die in ihm Etwas werden und wachsen 
ließen, von dem er nur zu gerne auch Anderen mittheilen wollte: den 
Frieden und die Liebe. - Denn die wahre Kunst ist der Friede. 
Wenn wir im Walten der Natur den unausgesetzten mörderischen Kampf 
sehen, der das Geschaifene vernichtet, nur um Anderes zu schaffen, was 
wieder der Bestimmung entgegengeht, vernichtet zu werden, so schafft 
die Kunst ohne die traurige Bedingung eines zerstörenden Kampfes gegen 
das Bestehende, ohne den Mord zum Zwecke der Daseinsfristung. Durch 
die vollendete Harmonie mit den Erscheinungen seiner Umgebung, durch 
die Harmonie seiner eigenen Einzelheiten lässt uns das Kunstwerk seinen 
belebenden und beseelenden Grundgedanken verstehen. So lernen wir 
leicht den uns vielleicht ganz unbekannten, wohl auch schon längst ab- 
geschiedenen Künstler durch die Vermittlung seiner Schöpfung, zugleich 
aber diese selbst recht aufrichtig lieben. Wir vereinigen in unserem 
Besitze das, was wir von wahren, ehrlichen Kunstäußerungen antreffen 
können und freuen uns beim beim Anblicke der Dinge, die mit sorg- 
fältigem Bestreben bis in's Kleinste vollendet, schön und vollkommen 
geschaffen sind. Aus allen diesen angedeuteten verschiedenen Gründen
	        
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