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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 10)

Bartholome ist jedenfalls ein vornehmer Künstler, und zwar ein echt plastischer Plastiker, 
der nämlich auf keinen malerischen oder gar impressionistischen Effekt ausgeht. Er hält 
den Stil mit Überzeugung fest und steigert ihn sogar ins Knappste, so daß einzelne 
seiner letzten weiblichen Akte - meist mit einem starken Bewegungsmotiv - schon fast 
an die archäologische Formel Aristide Maillols erinnern. Diese Richtung hat den Künstler 
neuestens augenscheinlich beeinilußt. Daß er dem breiteren Publikum trotz seiner ernsten 
Kunstauffassung so zusagt, liegt gewiß zum Teil an seinem empfindsamen Zug von fami- 
lienhafter Novellistik, aber auch an einer karessierenden Anmut, wie sie am urbildlichsten 
das bekannte Mädchen mit der Kußhand vom „Monument" hat. Und dann - dies spielt 
unstreitig mit _ ist er Zeitgenosse Rodins. Die Leute, die vor Rodins Wüstheit erschrecken, 
können zu Bartholome Hüchten, was noch immer keine Blamage ist. In seiner Ausstellung 
sieht man dann noch mancherlei. Die weiblichen Rückenakte, deren Spezialist er geworden, 
in auserlesenen Exemplaren; auch als Brunnen arrangiert. Auch Reliefs und einige gute 
Büsten. - Im ersten Stock des Künstlerhauses ist vor allem eine kunstgeschichtliche Merk- 
würdigkeit allerersten Ranges ausgestellt: die Originalaufnahmen des Malers Alphons 
L. Mielich aus dem Wiistenschloß 'Amra, diese kostbare Ausbeute des wissenschaftlichen 
Beutezugs, den Professor Alois Musil in jenes arabische VIII. jahrhundert unternahm. 
Die Wiener Akademie der Wissenschaften hat kürzlich das große Werk „Kusejr 'Amra" 
darüber herausgegeben - der Wiener Bankier Salo Cohn trug die Kosten der Expedition 
und Publikation - ein schönes Denkmal österreichischer Initiative, wie sie in privaten 
Kreisen immer wieder vorkommt. Die kunstwissenschaftliche Würdigung des über- 
raschenden Ergebnisses hat nicht an dieser Stelle zu erfolgen. Es sei bloß Professor Strzy- 
gowskis Wort angeführt: „'Amra füllt eine klaffende Lücke in der Kunstgeschichte." Diese 
Kunst kommt von Antiochia her, aus der ersten Zeit des Bildersturms, und beweist, daß 
dieser sich nur gegen die christlichen I-Iistorien richtete, die tendenzlos schmückende 
Figurenkunst aber ungekränkt ließ. Der Grazer Gelehrte nennt 'Amra „das erste Denkmal 
ohne Anschluß an den vorgefundenen christlichen Bestand, eine einheitliche Schöpfung, 
die unangetastet durch alle die Jahrhunderte auf uns gekommen." Die Mielichschen Aqua- 
rellaufnahmen, die Originale für 42 Farbentafeln der Publikation, sind unter großen mate- 
riellen Schwierigkeiten zu stande gekommen, geben aber einen sehr guten Begriff vom Bau 
und malerischen Schmuck. Auch ein zweites solches Wüstenschloß, as-Tüba, das aber 
keine Malereien hat, wurde besucht und skizziert. Ein drittes ist jenes Msatta, dessen 
Fassade jetzt im Berliner Museum zusammengestellt ist. Verwehte alte Kultur; Wunder 
des „Zauberers Salomon", dem die Beni-Sahr sie zuschreiben, wie unser Mittelalter so 
manches dem Zauberer Virgil. - Im Hauptsaal hat man des Gedächtnis des diesen Sommer 
verstorbenen Malers Ladislaus E. Petrovits durch eine Ausstellung geehrt. Er kam von 
jener Zimmermanngruppe her und gemahnt am meisten an Karl l-Iasch, der freilich ihr 
Geringster war. Wer erinnert sich nicht an seine knorrigen Eichen und gelben Herbst- 
farben, die im Künstlerhaus nie fehlten? Ihm mangelte die Stimmung, er sah nur die Rinde 
der Sachen. Immerhin kommen günstigere Stunden vor und es gelang ihm dann eine 
Wolkenstudie (für die Moderne Galerie erworben) oder ein Waldrand, ein Wehr in Mödling, 
das gar nicht zu verachten. Als Rudolf Alts Neffe nahm er auch von daher Anregungen 
auf; so in dem großen Interieurbild, das sein eigenes Heim darstellt, ganz vollgehängt mit 
seinen eigenen goldgerahmten Bildern. Petrovits war übrigens ein nützliches Mitglied der 
Künstlergenossenschaft, bei allen Festen war er ein Hauptdekorateur. Wenige dürften 
wissen, daB die Wiener Annoncensäulen seine Anregung sind; er hat auch unzählige 
Plakate gemalt. - Endlich hat in einem Saal der Münchener Professor Charles j. Palmie 
eine Sonderausstellung. Es sind meist flüchtigste Impressionen, andeutungsweise und 
ziemlich fabriksmäßig gegeben. Zwei oder drei sind vortrefflich („Sonniger I-Iang" das 
Beste). Dann sieht man aus seiner vorletzten Epoche einige Münchener Veduten mit 
krausem Nebelspuk; auch von diesen hat die Moderne Galerie ein Muster erworben. Weiter 
in seine Vergangenheit hat Palmie nicht zurückgegriffen und das ist gut. Er hatte eine
	        
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