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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 10)

dein! 
Aufschwung befand, der ein Festlegen des Überschusses für dauernden Genuß nicht nur 
gestattete, sondern den damaligen - vielleicht nicht so unrichtigen - Anschauungen 
gemäß, geradezu forderte. Auch die preußischen Könige übten auf ihre reichen Untertanen 
einen mehr oder weniger starken Druck aus, damit sie einen Teil ihres Reichtums in Bau- 
lichkeiten anlegten, deren schöne Erscheinung ja auch andere erfreute. Auch mochte in 
solchen Fällen schon die Absicht mitsprechen, maßlose und für das Gemeinwohl nutzlose, 
wenn nicht schädliche Geldansammlung zu verhüten. Diese Absicht mochte, wie Professor 
Pauker andeutet, gerade auch den Klöstern gegenüber vielfach und in oh übertriebenerWeise 
zur Anwendung gelangen; der Staat, dessen Allmacht in dieser Zeit ja bereits begann, 
mutete den kirchlichen Anstalten wohl auch mehr zu als sie wirklich tragen konnten und 
wirkte dadurch und durch die damit verbundene Verweltlichung der höheren geistlichen 
Würdenträger und nicht ohne Absicht sogar auf die innere Entwicklung der kirchlichen 
Anstalten zersetzend ein. Gerade die Abschnitte, die diese kulturgeschichtlichen Fragen 
behandeln, sind bei Pauker außerordentlich fesselnd zu lesen. 
Nun kommt aber bei nicht wenigen Klosterbauten und insbesondere beim Stift Kloster- 
neuburg hinzu: sie sind tatsächlich als kaiserliche Residenzen geplant worden. 
Pauker weist ganz überzeugend und überall auf Grund urkundlichen Materials aufs 
genaueste nach, wie Klostemeuburg förmlich gegen den Willen des Stiftes zu einem Pracht- 
bau wurde. Zuerst wollte man nur eine verhältnismäßig bescheidene Erneuerung und Ver- 
größerung des alten Baues vornehmen - die Pläne Prandauers aus dem Jahre x7o6 
sind noch erhalten -, dann ließ der Klosterneuburger Prälat Emest Perger, ein sehr frommer 
und fast asketischer Mann, jahrelang die Pläne überhaupt ruhen. Erst 17 30 erhält Donato 
Felice von Allio den Auftrag, neue Pläne zu entwerfen; in demselben Jahre veranlaßt aber 
bereits Graf Althan, der oberste Chef des Hofbauamtes, nach einem Besuch des Kaisers 
eine weit großartigere Ausgestaltung des Baues, der zugleich eine wirkliche Residenz des 
Kaisers werden sollte. Bei dieser Verbindung von Kloster und Fürstensitz an das Vorbild 
des Escorial zu denken. liegt wohl nahe, besonders unter Karl VI., der ja früher spanischer 
König gewesen war. 
Wie die Wandlungen vom eigentlichen Klosterbau in den kaiserlichen Klosterpalast 
vor sich gingen, wie der Bau dann nach Vollendung kaum eines Viertels 1755 eingestellt 
und erst 1836 bis 1842 notdürftig abgeschlossen wurde, ist an der Hand zahlreicher Pläne 
und Urkunden recht deutlich gemacht; es wird auch kaum einen anderen Bau geben, bei 
dem so viel künstlerisches und wissenschaftliches Material erhalten ist. Es wiedergefunden 
und der weiteren wissenschaftlichen Benützung übergeben zu haben, ist aber Verdienst 
des gelehrten und dabei für die Sache warmfühlenden Verfassers sowie des früheren und 
des gegenwärtigen Prälaten, die ihn bei derArbeit und Herausgabe weitgehend unterstützten. 
Wenn bei der ganzen Untersuchung, die uns so viel des allgemeinen Interesses 
bietet, dann auch noch der in letzter Zeit so viel umstrittene Meister Allio zu seinem Recht 
gelangt, so müssen wir auch dieses Ergebnis schon der wissenschaftlichen Wahrheit wegen 
mit Freude begrüßen. Wahrscheinlich war Ilg im Irrtum, wenn er Allio dem älteren 
Fischer von Erlach und Hildebrandt als gleichwertig an die Seite stellte; aber jedenfalls 
ist Allio nicht nur ein besserer Baumeister - man wollte ihn sogar zu einem schlechteren 
machen -, sondern ein wirklich entwerfender Künstler, dessen allmählich entstehende 
und wechselnde Entwürfe wir nun verfolgen können. Wie weit ihn andere Meister im all- 
gemeinen und im besonderen im Klostemeuburger Falle beeinfiußt haben, wird weitere 
Forschung wohl noch klären. Auf jeden Fall haben wir jetzt einen sicheren Ausgangspunkt 
gewonnen, und einen Künstler zu verfolgen, der die große Stiege Klosterneuburgs geschaffen 
hat, ein Werk, das selbst den renaissancebegeisterten Burckhardt zur Bewunderung 
hinriß, lohnt schon der Mühe. 
Wir wollen nur hoffen, daß die „Beiträge zur Baugeschichte des Stiftes Klosterneu- 
burg", die nun so glücklich begonnen haben, in nicht zu ferner Zeit ihre Fortsetzung erhalten. 
Dreger
	        
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