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die, wie schon erwähnt, eine Kulturgeschichte im kleinen darstellend, vom
intimen Leben ihrer Zeit erzählen.
Alle Arten von Stühlen, die uns beim Überblick der gesamten Ent-
wicklung dieser Möbelgattung in so unendlicher Mannigfaltigkeit entgegen-
treten, gehen auf zwei Grundtypen zurück, die wieder so alt sind als die
menschliche Kultur. Der eine, nämlich der Grundtypus mit festem Gestell,
dürfte von der ein- oder angebauten Bank seinen Ausgang genommen haben.
Seine entscheidenden Merkmale sind die flache, feste, wagrechte Sitzplatte
und die mit dieser fest zusammengefügten senkrechten oder schräg gestellten
Stützen. Der sogenannte Sche-
mel bildet die eigentliche
Grundform aller Stühle dieser
Art, die Rücken- und Arm-
lehnen, die in der verschie-
densten Anordnung, verbun-
den mit den Stützen des Sitz-
bretts oder unabhängig von
diesem, angefügt sind, machen
den Schemel, diese primitive
Sitzgelegenheit, ein heraus-
genommenes Stück einer ein-
fachen Bank, zum Stuhl, oder,
verbunden mit einem mehr
oder minder entwickelten, un-
ter Umständen auch verküm-
merten Untergestell, zum Ze-
remonialstuhl oder Thron, der
seinerseits in vielen Fällen,
besonders auch in der kirch-
liehen Verwendung zum Aus-
gangspunkt, dem eingebauten
Abb. 7x. Italienischgi;jcll-gtgasziäils,1:255;Jahrhundert. Höhe zurückkehrt __ Die
i i i zweite Hauptart ist der in
seinem Gefüge bewegliche Stuhl, der Falt- und Klappstuhl in seiner mannig-
fachen Anordnung, die leichten Transport und in unbenutztem Zustand ge-
ringstmöglichen Raumanspruch bezweckt. Die Hauptsache bei allen Falt-
stühlen ist, daß der Träger der Sitzfläche, das Gestell, aus beliebig vielen,
ursprünglich und meist, auch in der Spätzeit, zwei Paaren von geraden oder
gekrümmten Stäben besteht, jedes Paar in einem Scharnier an der Kreuzungs-
stelle drehbar. Vielfach haben dann die Stabpaare noch starre Querver-
bindungen an den Kreuzungspunkten und in der Nähe des Bodens und der
Sitzfläche. Diese selbst muß, um ein Zusarnmenklappen zum leichteren Trans-
port oder zur Raumersparnis in der Zeit des Nichtgebrauchs zu ermöglichen,
aus weichen Stoffen - gewöhnlich Leder oder Textilien - gefertigt, oder