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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 11)

heiligen Flamme betrachten, deren leuchtende und wärmende Strahlen sich 
von vergangenen auf kommende Generationen übertragen, so werden, dessen 
sind wir überzeugt, auch die Originale der in diesen Blättern vorgeführten 
glänzenden Entwicklungsreihen dem blühenden und schaffensfreudig vorwärts 
strebenden Kunsthandwerk des I-Ieimatlands der Sammlung, „dem Jünger 
wie dem Meister", belebende Impulse zu neuer Betätigung bieten: - 
„Junge Fischer werfen ihre Netze, 
Neue Taucher in die Tiefen spähn, 
Und es segnet unsres Erbes Schätze 
Ein Geschlecht, für das wir untergehn." 
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN 5b VON 
LUDWIG HEVESI-WIEN 5-0- 
ÜNSTLERHAUS. In der sehr reichhaltigen l-lerbstausstellung steht Charles Wilda 
voran, den wir diesen Sommer viel zu früh verloren haben. Der große Saal im ersten 
Stock ist nicht groß genug, seine Gedächtnisausstellung zu fassen. Er ist ein Teil des Aus- 
klangs jenes üppigen Wiener Kolorismus, der im großen Makan, im kleinen Pettenkofen 
heißt. An die mittlere, die mit Sonne vollgesogene Zeit dieses Meisters erinnert zusehends 
sein vorzügliches Bild „Arabischer Wahrsager" (Besitz Sr. Majestät), namentlich in der 
samtig warmen Tiefe der Schatten. Wenn er diesen gewisse abenteuerlich steile, fast 
geometrisch silhouettierte Formen gibt, ist er in der Galerie gewesen und hat die Nach- 
ahmer Rembrandts nachgeahmt, wie Dietrich in Dresden und andere anderswo. Seine 
ägyptischen Bilder, namentlich nach 1890, berühren sich aber auch stark mit Leopold 
Müller, sowohl im ethnographischen Detaillieren der Figuren, als auch in der überhand- 
nehmenden Staubstimmung („Rebekka am Brunnen"). Diese wurde später ganz atelier- 
mäßig („Flucht nach Ägypten"), was aber bei dem damals überhandnehmenden Auswendig- 
malen weniger auffiel. Moderne Probleme ging er niemals an; erst sein letztes ausgestelltes 
Bild, das mit dem gelben Prinzen, der mit dem Bauemkind scharmiert, hat solchen Anklang. 
Vorher gingen „Gulliver auf Reisen" und „TurandoW, mehr im Publikumgeschmack, 
für die Vervielfältigung, aber doch stark über dem Durchschnitt. Namentlich „Turandot", 
das heuer in Venedig viel Glück machte. Die gelbe Note ist in diesem Bilde malerisch 
pikant. Ein zweites Gesamtwerk in der Ausstellung ist das des Architekten Friedrich 
Ohmann. Arbeiten und Entwürfe für Böhmen, Salzburg, Magdeburg (Museum), Wien. 
Oft besticht sein zeichnerisches Geschick, während die bauliche Gestaltung weniger 
befriedigt. Ohmann leidet an dem Zwittertum zwischen Barock und Modern. Er ist der 
notgedrungene Moderne, um sich nicht künstlerisch auszuschalten, aber er schleift die 
schwere eiserne Kugel der alten Sklaverei am Fuße mit. Er geht sogar im Neuartigen viel 
weiter als andere Kompromißleute, von denen es jetzt in Wien wimmelt, aber die Kugel 
ist immer dabei. Den Gemeinplatz allein würde man noch eher vertragen, in anarchischer 
Verkleidung aber will er schon gar nicht munden. Bei den größeren Wiener Aufgaben 
Ohmanns in den letzten Jahren ist auch noch seine Lust, im kleinen zu kramen, ver- 
hängnisvoll gewachsen. Der Abschluß der Wieniiberbrückung beim Stadtpark ist das 
Denkmal dieser komplizierten Denkart in geleimten und gestückelten Kleinigkeiten. 
Keine Fläche, keine Linie kann sich ruhig entwickeln, jede Form möchte gleich wieder 
eine andere sein. Es ist ein fortwährendes Kombinieren und Variieren von Bruchstücken, 
die keinen Zug zum ganzen haben. Diesen Wienüberbrückungsstil ist er seither nicht los 
geworden, er überbrückt noch immer die Wien, auch wo sie nicht fließt. Unter den paar
	        
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