Charlotte Blauensteiner
Jugend gestaltet
Eine Sonderschau bei" der Internationalen Handwerks-
messe in München
Zum 6. Mal war bei der diesjährigen Internationalen
Handwerksmesse in München die Sonderschau
iiJugend gestaltetk zu sehen. ln der Halle 5, wo auch
nochdie InternationaleSchmuckschau gezeigt wird, ist
diese Ausstellung in die EXEMPLA integriert - aus die-
ser ist sie seinerzeit auch wherausgewachsenit. Die
EXEMPLAzeigt seit 1970 Handwerk in seineraktuellen
Bedeutung und in den verschiedensten Ausdrucksfor-
men. Die ldee und Realisierung. vorallem aberdas hohe
Niveau, waren durch all diese Jahre Fritz Gotthelf zu
verdanken; nach seinem plötzlichen Tod ist nun Peter
Nickl - zusammen mit Heidi Howcroft - verantwort-
lich. DieThematik stimmte heuerbesonders gutzusam-
men, denn in der EXEMPLA hieß sie vAltes Handwerk in
jungen Händenlr und zeigte traditionelle Techniken -
von der Korbtlechterei bis zur Putztechnik, vom Pflaste-
rer bis zum Hersteller von Buntpapier - wie sie von der
jungen Generation weitergeführt und ausgebaut wer-
den.
wJugend gestaltetlr hatte in diesem Rahmen immer
schon eine Sonderstellung. So sehr auch die handwerk-
liche Basis als unerläßlich empfunden wurde, lag bei
dieser Sonderschau der Schwerpunkt doch immer auf
"Gestaltungix. Kunsthandwerk also, wenn man diese
Bezeichnung im ursprünglichen, guten Sinn verwenden
kann - und das sollte man tun, allen verbalen und gei-
stigen Mißbräuchen zum Trotz.
DieAltersgrenzewurdemitSOJahrenfestgelegt- rela-
tiv hoch, wie immer wieder festgestellt wird; aber es
zeigt sich, daß unter dieser Grenze kaum die entspre-
chende Ausbildung vollendet und eine eigene Persön-
lichkeit entwickelt ist.
iiJugend gestaltettt ist international - in diesem Jahr
waren 11 Länder beteiligt (Belgien, Bundesrepublik
Deutschland, CSSFt, DDR, Finnland, Großbritannien!
Schottland, Italien. Niederlande. Österreich. Polen und
Schweiz). International besetzt ist auch die Jury, die in
jedem Jahr Preise vergibt, die aus einer Urkunde und
einer Kleinskulptur bestehen.
Wichtiger als diese Kennzeichnungen und Auszeich-
nungen ist aber wohl, daß junge Menschen ein Forum
der Öffentlichkeit finden, wie sie es sich selbst doch
nicht so leicht schaffen können. 300,000 bis 400.000
Menschen strömen jährlich durch die Hallen, und wenn
auch nur ein relativ kleiner Teil dies offenen Auges tut,
bringt es doch fürdie Kunsthandwerkereine Konfronta-
tion mildem Publikum, für die Besucher aber einen oft
unbewußlen Anstoß zur Auseinandersetzung mit
Gestaltung, Material, Form. Der immer sorgfältig und
meist unter großem Zeitdruck gemachte Katalog ist für
die Jungen eine weitere dokumentarische Veranke-
rung.
1985 waren verschiedene Veränderungen bei den mit
der Vorbereitung befaßten Institutionen vorgegangen.
Vielleicht bahnen sich deshalb auch bei den Exponaten
Änderungen an; dem unvoreingenommenen Betrach-
ler scheint es aber, daß dieAndersartigkeitjeweiis doch
eher mit den Persönlichkeiten der Künstler hervortritt
- die großen Zusammenhänge werden wohl erst spä-
terablesbarsein. DieAusstellung ist sehrübersichtlich,
die Präsentation zurückhaltend, die Qualität überwie-
gend sehr gut. Man erwartet dort nicht Perfektion (den-
noch ist sie oft vorhanden), sondern Experimentier-
treude, nichtdie Ergebnisse langer Erfahrung, sondern
O11
l Jacqueline MeinemalNiederlande. Tragbares Blatlerorna-
ment (Preisträgerin)
2 Simon MoorelGroßbritannien. Teller, Kristallglas, frei gebla-
sen (Preistrager)
3 Judith FlataitzlÖsterreicn. 3 Kannen, 1984 Feinsteinzeug,
Plattentechnik __
4 Veronika HauslholerlOsterreich, Dekorstolf
5 Karin HerberlÖsterreich. Gobelin