Internationale Sammler- Zeitung
Nr. i8
Seite 222
Ursprungs nicht übersehen. Die allgemeine Aufmerk
samkeit aber wird gewiß ein großes Jugendbildnis
Mozarts im blauen Samtröckchen. mit hochgekämmtem
gepudertem Haar auf sich lenken, das nach überlie
ferten Angaben in München um 1775 während des dor
tigen Aufenthaltes des Komponisten gemalt worden ist.
Ein Stich mit dem Bildnis eines anderen Ton
herrschers, Beethovens, von Sichling, der durch die
darauf angebrachte eigenhändige Unterschrift Beet
hovens Wert erhält, leitet zu dem graphischen Teil
der Sammlung über. Auch hier überwiegen die hei
mischen alten Meister. Da ist Kriehuber, der Alt
wiener Porträtist von „Ganz-Wien", dessen weiche,
samtige Steindrucke jeden Kenner entzücken. Man
findet hier von ihm Porträts der Schauspielerinnen
Fanny Ceritor, der Schwestern Mil'anello, der Mathilde
Wildauer, der Tänzerin Fanny Elßler (farbig) und des
Schauspielers Karl Treumann (1853), der auf dem
gleichen Blatt noch in sechs verschiedenen Rollen
dargestellt erscheint. Allerliebst, in ihrer altmodisch
süßlichen Farbcnskala, sind die Steindrucke der Firma
E. Müller in Dresden mit lauter Ansichten von Teplitz.
Nicht zu übersehen wäre auch eine farbige Lithographie
Prinzhofers (Wien) aus dem Jahre 1844. Altprag
erscheint durch zwei Steindrucke Sandmanns ver
treten, der uns zeigt, wie hübsch einmal der erste
Bahnhof (jetzt Staatsbahnhof Hibernergasse) als Archi
tektur gewesen ist. Auch der alte Pucherna ist mit
farbigen Kleinigkeiten vertreten. Von graphischen
Kuriosis muß eine Salomedarstellung in Helldunkel,
gestochen von Prestel, und eine Zeichnung des Tempels
Salamonis, gezeichnet und signiert von dem berühmten
Erbauer der Wiener Karlskirche und des Prager Garn-
Gallas-Palais Fischer von Erlach, hervorgehoben
werden.
Groß ist die Zahl der Handzeichnungen in der
Sammlung Donnebauer. Von hohem künstlerischem Reiz
sind darunter zwei Landschaftszeichnungen Schwinds,
die erfüllt sind von der zarten Märchenstimmung, die
man aus den Gemälden des Wiener Meisters kennt.
Ein wertvolles Unikum ist dann ein feinfarbiges Aqua
rell von Josef Heycke, das unsern Kaiser noch jung
und bartlos als Obersten eines Ulanenregiments dar
stellt. Ganz anderer Art sind jedoch eine Reihe von
Handzeichnungen, deren Sammlerwert in den Per
sonen der Zeichner liegt. Da hat sich Kaiserin Maria
Theresia selbst als Zeichnerin versucht und ihr
Werk stolz auf Italienisch unterzeichnet: designato
dalla Serma archiduchessa Teresa, Primogenita di
Carlo VI. Aus dem Jahre 1838 stammt ein figuren-
reiches Bild von der Emser Kurpromenade, auf dem
auch der Zeichner selbst seine hochragende schlanke
Gestalt angebracht hat: Erzherzog Stefan. Eine Jagd
szene und eine Landschaft hat den Kronprinzen Rudolf
zum Autor (1870 und 1866). Noch andere Zeichnungen
stammen von Erzherzogin Marie Henriette, späteren
Königin von Belgien, von König Ferdinand von
Portugal, von Herzog Heinrich von Bordeaux
Grafen von Chambord und vielen anderen.
Verweilt man noch bei diesen natürlich weniger
künstlerisch als historisch bedeutsamen Gegenständen
der Sammlung, so schließt sich die Betrachtung der
Autogramme als hierhergehörig an. Donnebauer
hat nur in seltenen Fällen sich mit dem bloßen Auto
gramm begnügt, fast immer ist es auch der Inhalt,
der den Forscher oder den Psychologen fesseln kann.
Auf den zwei Tableaus, von denen jetzt gesprochen
wird, ist aber auch die Unterschrift allein von aus
schlaggebender Bedeutung. Das eine vereint die be
kannten, mit dem dreißigjährigen Krieg unheilvoll
verknüpften Namen, voran Wallenstein, dann Kaiser
Ferdinand, Kardinal Diettrichstein, Graf Montecuc-
colli, Mansfeld, Christian II. Kurfürsten von Sachsen,
General Aldringer, Oberst Gordon, Graf Schlick,
Christan Wilhelm von Anhalt, den Schwager Gustav
Adolfs Pfalzgraf Kasimir, Torstenson und andere.
Auf dem zweiten Tableau sind Herrscherunterschriften
vereint, unter ihnen Kaiser Franz Josef und Kaiserin
Elisabeth, aus historischer Zeit unter anderen Na
poleon (er unterschrieb hier „Buonoparte“), Prinz
Eugen (die bekannte dreisprachige Unterschrift
„Eugenio von Savoy"), Kaiser Ferdinand, Kaiser
Maximilian, Karl VI., Maria Theresia, Friedrich
der Große, („Frederico"), Erzherzog Karl, Ludwig
von Bayern, Kaiser Wilhelm I., die österreichischen
Feldmarschälle Fürst S c h w a r z e n b e r g und Radetzky,
die deutschen Führer Moltke und Bismarck.
Von andern Autogrammen steht das Notizbuch
Karl Maria von Webers in allererster Reihe.
Man hat es hier mit einem einzigartigen Dokument
zur Prager Theaterges'chichte zu tun. Weber hat hier
vom Jahre 1813 bis 1816 in etwa 1200 Zeilen auf
122 fortlaufenden Folioseiten Aufzeichnungen über
sämtliche unter seiner Tätigkeit als Direktor der
Prager Landesbühne aufgeführten Opern, Melodramen
usw. geführt und das von der Forschung fast ungenützt
gebliebene handschriftliche Werk ist geradezu eine
Fundgrube für den Theaterhistoriker über die damals
an der Prager Bühne wirkenden Künstler, die Theater
zustände usw.
Um auch Beispiele von andern gegenständlich
interessanten Autogrammen zu nennen, sei ein Brief des
Grafen Montecuccolli mit einem Kriegsbericht aus
dem 30jährigen Kriege, ein Brief des Winterkönigs,
ein Schreiben des Kardinals Fürsten Schwarzen
berg an den Grafen Chotek, worin von einer Heirat
abgeraten wird, eine Abschrift der Militärzeitung
ex 1835 mit eigenhändigen Anmerkungen Radetzkys,
ein Brief Kaiser Maximilians aus dem Jahre 1547
an den Erzbischof Anton von Prag über den Vysche-
hrad, eine alte Urkunde, ausgestellt von Ferdinand
von Tirol, dem Gemahl der Philippine Welser, aus
dem Jahre 1566 erwähnt.
Noch wäre der kunstgewerblichen Erzeugnisse
zu gedenken. Auf die hübschen Altwiener Porzellane
muß man die Sammler nicht aufmerksam machen:
sic finden sie von selbst, insbesondere eine große Neptun
gruppe, eine Vase mit vier Karyatiden, eine Büste
Kaiser Ferdinands werden jedem in die Augen fallen.
Auch Altprager Porzellan ist vertreten in Gestalt
zweier durchgearbeiteter Dichterköpfchen in Biskuit:
Schiller und Goethe. Von einem in Kobaltblau und
Kupfer köstlich abgetönten Meißner Service, einer
hübschen Altwiener Uhr, einigen Silhouetten (auch
J. S. Bach mit Gattin dabei) und Miniaturen nur
nebenbei. Eine schöne Louis XVI.-Uhr verdient aber
schon deshalb gesonderte Erwähnung, weil sie dem
Nachlaß des Komponisten Smetana entstammt.
Die Sammler und Kunstfreunde werden in der
Aufstellung noch mancherlei entdecken, was dem ein
zelnen besondere Freude machen kann. Hier ist nur
aufgezählt, was von allgemeinstem Interesse ist. Nun
werden leider alle diese Dinge, die eben als „Samm
lung Donnebauer" schon zum Besitzstand des Prager
Kunstschatzes zählen konnten und stets in so entgegen
kommender Weise jedem Liebhaber und Betrachter
zur Verfügung standen, in alle Weltgegenden ver
streut werden, in kleinen Einzelsammlungen ver
schwinden, wohl viele auf Nimmerwiedersehen.