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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 12)

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an die biblischen Quellen 
hielten sich die Dichter, 
sondern benutzten auch 
vielfach die apokryphischen 
Evangelien. Die Legenden- 
dichtung fand um so mehr 
Bearbeitung, je mehr die 
echte Religiosität abnahm. 
Gerade in diese Zeit fällt 
die Vorliebe, die Wunder- 
macht der heiligen Jung- 
frau und ihr Leben poetisch zu behandeln. Wemher von Tegernsee dichtet 
um 1173 das „Leben der Jungfrau Maria"; Konrad von Fußesbrunn, ein 
Österreicher, die „Kindheit Jesulä In dieser Dichtung häuft sich Wunder 
auf Wunder: Das Kind spielt mit Löwen und Drachen, trägt Wasser in 
einem Korb, zieht zu kurz geschnittene Bretter in die Länge, bildet aus Lehm 
Vögel und macht sie lebendig. Unter den vielen Lobgesängen auf die heilige 
Jungfrau ist wohl Konrads von Würzburg „Goldene Schmiede" der bedeu- 
tendste. Er entstand im Kloster zu Freiburg. Konrad ist der mystische 
Dichter, der den Physiologus am ausgiebigsten benutzte, der die Symbol- 
beziehungen zwischen Maria und dem Einhorn wiederholt anwendet und 
uns schildert, wie des Himmels Einhorn im Dickicht der wilden Welt gejagt, 
eine kaiserliche Jungfrau aufsucht, um in deren Schoß zu lagern und einzu- 
schlafen - wie Christus in Einhorngestalt im Schoße Mariens Mensch 
geworden ist: 
Aus dem Dominikanerbrevier zu Kolrnar. Vor 150a 
„Des himels einhürne 
der wart in daz gedürne 
derre wilden werlt gejaget 
und suchte kaiserlichiu rnaget 
in diner schoz vil senfter leger." 
Bei Reinmar von Zweter erscheint Gott Vater als der Jäger, der den 
Sohn gleich dem Einhorn jagte bis in den Schoß der heiligen Jungfrau. Hugo 
 
Antependium der Nonnenabtei Göß in Steiermark. XIII. Jahrhundert 

	        
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