MAK

fullscreen: Türkei, officieller Ausstellungs-Bericht. Beiträge zum zweiten Bande

Türkei. 
11 
Schmiede, Keflelflicker, Viehhändler oder mit unproduktiven Befchäftigungen 
ihren Lebensunterhalt. 
Die Tfcherkeffen und die mit ihnen verwandten Abchafen, vor 
wenigen Jahren durch die Ruffen aus dem Kaukafus vertrieben, haben für die 
Volkswirthfchaft faft nur eine negative Bedeutung, indem fie in diefer Hinficht 
nicht nur nichts Erhebliches leiften, fondern durch ihr räuberifches Wefen auch 
die Culturarbeit ihrer Nachbarn ftören. 
Der von der türkifchen Regierung unternommene Verfuch, die Tfcherkeffen 
zu Ackerbauern heranzubilden, hat bisher fehr unbefriedigende Refultate ergeben. 
Die Franken, die europäifchen Coloniften, find Handelsleute, Banquiers, 
Ingenieure, Aerzte, Advocaten, Eifenbahn-, Dampffchifffahrts- und Telegraphen- 
beamte, Handwerker und dergl. 
Die Perfer find gröfstentheils Handelsleute. 
Diefes i'ft das Völkerchaos, das wir im türkifchen Reiche vorfinden, und 
gegen welches die Mannigfaltigkeit der öfterreichifchen Nationalitäten als ganz 
unbedeutend erfcheint. So verfchieden als diefe Völker, fo verfchiedenartig find 
auch ihre volkswirthfchaftlichen Leiftungen im Einzelnen. Doch aber läfst fich 
für diefe Nationen eine allgemeine Charakteriftik geben. 
Die Orientalen leiften nicht viel, aber bisweilen Bewundernswerthes in 
Berückfichtigung ihrer einfachen Mittel. Sie produciren feiten mehr als fie felbft 
zu ihrer Ernährung, Wohnung, Kleidung und Bewaffnung brauchen, und ein 
gewiffes Luxusbedürfnifs haben fie nur in den beiden letztgenannten Richtungen, 
während fie in der Nahrung fehr mäfsig find, und auf die Behaufung nicht viel 
Sorgfalt verwenden. 
Der Prunk in den Gebäuden orientalifcher Machthaber wird durch die 
unendliche Einfachheit der Wohnungen geringerer Volksclaffen mehr als aufge 
wogen. Die Kunft kennen die Orientalen faft nur im Dienfte des Handwerkes. 
Die Produ6lionsverhältniffe im Allgemeinen. 
Faffen wir zufammen, was über die Produktionsverhältniffe der Türkei 
bekannt ift, fo finden wir eine grofse Mannigfaltigkeit von Naturprodukten, aber 
eine verhältnifsmäfsig geringe Produclionsmenge derfelben, fowie auch eine 
geringe Anzahl von Induftrie-Produclen. Der Gefammtwerth der Produktion läfst 
fich wohl nicht angeben. Statiftifche Daten find zwar von einigen Provinzen, aber 
bei Weitem nicht von allen vorhanden, und auch von jenen wenige zuverläffig. 
Bezüglich der landwirthfchaftlichen Bodenerzeugniffe bietet nur der Zehent 
einen allgemeinen Anhaltspunkt. Im Jahre 1871 wurde der Zehent um 1,499*135 
Kiffes oderBeutel a jooPiafter, das ift ungefähr 75 Millionen Gulden, verpachtet, 
woraus fich für die Feldfrüchte ein Werth von 7</o Millionen Gulden ergeben 
würde, der aber gewifs höher, mit wenigftens 10 Millionen angenommen werden 
kann. Den culturfähigen Boden der europäifchen Türkei hat man auf 52 Millionen 
Hectaren gefchätzt, und mit Rückficht auf die grofsen unfruchtbaren Steppen, 
welche in der afiatifchen (und afrikanifchen) Türkei fich zwifchen den allerdings 
durch die höchfte Fruchtbarkeit ausgezeichneten Thälern hin erftrecken, könnte 
man den culturfähigen Boden des ganzen unmittelbaren Pfortengebietes in den 
drei Welttheilen vielleicht auf das Doppelte, oder in runder Summe auf 100 Millionen 
Hektaren fchätzen, wonach die Türkei leicht 150 Millionen Menfchen, wenigftens 
das Vierfache ihrer jetzigen Bevölkerung, ernähren könnte. Gegenwärtig kommt 
im Durchfchnitt ein jährliches Bodenerträgnifs von etwa 180 Gulden auf die 
Quadratmeile des Gebietes oder von 10 Kreuzern auf die Hektare fruchtbaren 
Bodens und von etwa 30 Kreuzern auf jeden Einwohner. EinBeweis, dafs fich die 
Bevölkerung mehr durch Viehzucht als durch Akerbau ernährt.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.