nur zu eindringlich gepriesene Vollkommenheit, tadeln die Schwächen der
englischen und kontinentalen Zinshäuser. Von den Letzteren liegen den
Engländern die französischen am nächsten. Und zweifellos zeigt Paris ein
großes Raffinement in der Grundrißgestaltung vornehmer Mietwohnungen,
das englischen Bequemlichkeitsbedürfnissen besser entspricht, wie der mehr
auf repräsentative Fassaden gerichtete deutsche Typus.
Unter den englischen Beispielen sind natürlich auch die modernsten
Errungenschaften des Zinshauslebens vertreten, die amerikanische Lebens-
anschauungen nach Europa verpiianzen: die „catering flats", Zinshäuser mit
Zentralküchen und Speisesälen, welche den Übergang vom Hotel zum Miet-
haus schaffen. Indem das selbständige Wirtschaften der Hausfrau abge-
nommen und wie die Sorge für die Erhaltung der öffentlichen Teile des
Hauses einem fremden Faktor gegen Bezahlung überlassen wird, geht nur
noch ein Teil der Intimität des Heims mehr verloren, damit ein ökonomischer
Vorteil eingetauscht werde.
Mit diesen Fragen entfernen wir uns von dem Bereiche der künstle-
rischenLebensanschauungen und nähern uns der sozialpolitischenAuffassung,
der die Sorge um hygienisch einwandfreie Quartiere für große Menschen-
massen am nächsten liegt.
Zweifellos darf der Künstler auch an diesen Aufgaben nicht achsel-
zuckend vorübergehen. Die Gesichtspunkte der künstlerischen Stadtplanung,
der Massenverteilung, Linienführung im Straßen- und Platzbilde werden
darum auch mit Recht in dem Buche gestreift. Die Heranziehung der
modernen Konstruktionsmittel zu einer einfachen, sachlichen und geschmack-
vollen Fassadenbildung wird erwähnt. Daß auch hier die Engländer ihrer
historischen Vergangenheit mit Liebe und Aufmerksamkeit folgen, wirkt
schon dadurch versöhnend, daß es nicht formale Äußerlichkeiten, sondern
sachlich begründete konstruktive Qualitäten sind, die sie in die Gegenwart
hinüberretten wollen. Die Engländer verstehen auch im Zinshaus, historisch
pietätvoll und doch zugleich sachlich modern zu sein.
In diesem Sinne mag das Buch wohltätig wirken und den großen, ge-
fährlichen I-Ieerbann der Bauspekulanten belehren. Es zeigt, was kon-
struktives Empfinden und praktischer Blick vereint mit ruhigem, gediegenen
Geschmack, verhindern können. Es läßt erkennen, daß das moderne Miet-
haus nicht in so trostloser Weise die künstlerische Zerfahrenheit und
Richtungslosigkeit unserer Tage demonstrieren müßte, wie es leider bei uns
so häufig der Fall ist.
Das in seiner Art sehr bemerkenswerte Unternehmen des „Country
Life", jener für das englische Landleben bestimmten großen Zeitschrift, die
auch so treffliche Aufnahmen aus englischen Schlössern und Parkanlagen
bringt, hat kürzlich wieder einen Band erscheinen lassen, der eine neue Serie
dieser großen photographischen Aufnahmen vereinigt." Eine ausführliche
allgemeine Einleitung führt in die Geschichte des englischen Bauwesens ein
"' In Englisch Homes by Charles Latharn, Vol. H, 1907. London, Verlagsanstalt des Country Life.