MAK

Volltext: Monatszeitschrift XI (1908 / Heft 3)

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einst, bis vorgestern, herrschenden Mode. - Diesen drei Parisem schloß sich 
eine Brünner Dame an. Oder eigentlich umgekehrt. Fräulein Annie Hystak 
war mehrere Jahre bei Debschitz und Hermann Obrist in München und lebt 
seit anderthalb Jahren in Paris. Sie hat ihr Arbeitsfeld eng begrenzt, aber um 
so gründlicher gepfiügt. Und der Samen liebevoller Vertiefung geht soeben 
auf. Kupfer und Silber, getrieben, patiniert, durch bescheidenen Steinschmuck 
glücklich belebt, sind ihre Stoffe. Sie entwirft nichts Figurales und erregt des- 
halb in Paris Aufsehen. Sie ornamentiert nicht mit „sprechenden" Linien und 
tragiert nicht in schulmeisterlichem Ernst und bäuerlicher Wucht, gilt des- 
halb den Pariser Kunstkritikern weder für japanisch, noch für österreichisch, 
geschweige denn für deutsch. Sie hat Häckels „Kunstformen der Natur", 
wohl auch die Natur selbst studiert. Aber wie sie diese Übergangsformen 
zwischen Pflanzen- und Tierwelt selbständig verarbeitet und diese Zigaretten- 
dosen, Tee- und Zuckerbüchsen, Kristalltintenzeuge, Serviettenringe und 
Gürtelschließen in getriebenem Silber mit Perlen, Opalen, Türkisen ziert - 
in langsamer Steigerung von einfacher bis zur stärksten oder eigentlichen 
feinsten Wirkung, das deutet auf eigengeartetes Urteil, sicheren Geschmack 
und vernünftiges Abwägen der einzelnen Werte. 
Die Brünner Ausstellung, an der sich der Wiener „Kunstgewerbeverein" 
- zum ersten Male außerhalb Wiens - beteiligte, zeigt übrigens auch noch 
auf anderen Gebieten allerlei erfreuliche Neuerscheinungen. So in den Innen- 
raumarbeiten und Möbeln der Brünner Architekten G. Czermak, D. Jurkovic 
und E. Pirchan, wie auch in den hübschen Arbeiten der Wiener Damen Helene 
Geiringer und Mathilde Quirin, die neben den textilen Techniken ebenfalls 
die Metalltreibarbeit, und zwar in Zinn, geschickt und mit Erfolg pflegen. 
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN 51b VON 
LUDWIG HEVESI-WIEN 51b 
KÜNSTLERHAÜS. Die große Frühjahrsausstellung hat diesmal die Form einer 
Jubiläums-Kunstausstellung angenommen. Überder alljährlichen Frühjahrsparade der 
Zeitgenossen entfaltet sich im ersten Stock eine historische Übersicht unserer Malerei 
zur Zeit Kaiser Franz Josephs I. Nicht das erste Mal knüpft sich ein solches Panorama an 
die Gedenktage des Kaisers, dem unsere Kunst so viel verdankt. Und jedesmal sieht man mit 
Freude diese Meister wieder, deren Ruhm mit jeder neu „überwundenen" Epoche wächst. 
Neben dem nachgerade gefeierten Vormärz (es ist unter anderem ein ganzes Waldmüller- 
Kabinett zu sehen) tritt nun auch schon die Makart-Zeit in mehr historisches Licht. Ihre 
Pettenkofen-Gruppe (eine ganze Wand ist mit den kleinen Herrlichkeiten des Oberhaupts 
bedeckt) ist ohnedies längst als Ruhm Wiens festgelegt. Und auch Canons und Angelis 
Porträtkunst zeigt bereits Ansätze von Patina, die ihr Bleibendes erraten lassen. So knüph 
hier die Vergangenheit legitim an die Gegenwart an. Eigens zu bemerken ist, daß alle diese 
schönen Sachen dem Privatbesitz entlehnt sind. Das ist, als würden die nicht öffentlichen 
Schatzkammern Wiens von Zeit zu Zeit gelüftet. Und so oft dies geschieht, wächst den 
alten Bildern unter den Augen des Publikums eine neue Frische zu. Unsere Besprechung 
wendet sich an dieser Stelle natürlich der zeitgenössischen Ausstellung zu. Auch hier führt
	        
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