Nr. 13
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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Das Suchen nach einer Abbildung nimmt mehr Zeit
in Anspruch, als die Ausführung der Ergänzung, aber
gerade darin liegt die kunsthistorische Mission des
ernsten Fachmannes. Nachdem nun die Vorlage ge
funden ist, beginnt erst die wirkliche Tätigkeit im
Atelier. Erst das vorschriftsmäßige Bad: die Gruppe
mit 10% Lauge kalt zustellen und so lange kochen,
bis die Bruchflächen ganz sauber werden, Verunrei
nigungen jeglicher Art sowie alte Restaurierungen
und Uebermalungen entfernt sind. Ist diese Prozedur
beendet, dann kommt das Stück in die Bildhauer
abteilung, wo die fehlenden Teile aus Plastelim,
Wachs oder Ton nachmodelliert werden. Ueber das
Plastellinmodell wird eine Gipsform gebaut. Nun ist
die Arbeit so weit gediehen, daß man in diese Gips
form Porzellanmasse gießt, die nach ihrem Erstarren
im Ofen gebrannt wird. Auf der Figur 3 sind bereits
die fehlenden Füße und die Schüssel in Muschelform
ergänzt und angesetzt,
Figur 4 zeigt Ihnen, daß die Stämme, die Aeste
und Blätter in ihrer alten Pracht wiedererstanden
sind. Nun hat der Bildhauer seine künstlerische
Arbeit beendigt und der Patient wandert in die
»kosmetische Abteilung« zum Malen und Glasieren.
Nach dem neuesten amerikanischen Spritzverfahren
werden Nitrozelluloselacke über die vorher grun
dierten und fein, verschliffenen Bruchstellen wie ein
feiner Nebel gehaucht. Dieser Vorgang muß einige
Male wiederholt werden, um durch verschiedene
Farbennuancen den richtigen durchschimmernden
Porzellanton zu erzielen. Nach dem vollständigen
Trocknen erfolgt das Glasieren und Polieren und der
Patient verläßt geheilt die »Antiquitäten-Klinik«.
Und nun, »last not least«, an Figur 5 sehen Sie
die Altwiener Gruppe wieder in alter Formenpracht, '
der Baumstamm ergänzt, die Zweige dicht mit Blät
tern besetzt, in jenem zart lasierenden Grün glän
zend, das für diese Arbeiten aus der Barockzeit so
charakteristisch ist. Keine Spur mehr von einem
Bruch kein Riß, nichts, das auf die alten Wunden
hindeulen könnte. Ja selbst der Klang beim Darauf-
Fig, 6. Im Atelier Egon Heyms.
klopfen gleicht dem Klingen des alten Porzellans,
Ein Blick in die bis zur Decke reichenden Stel
lagen (Fig. 6) zeigt die.Mannigfaltigkeit der Arbeiten
Heyms, Wiener, Meißner, Sevres, Kopenhagener
Porzellan, eine Tanagra-Figur, Stücke aus Holz,
Elfenbein und anderem Material. Alles in vollendeter
Weise ergänzt,
Ich schied mit dem Bewußtsein aus dem Atelier,
einen Künstler in seinem Fache kennen gelernt zu
i haben, der hiemit Sammlern aufs beste empfohlen sei.
Chronik.
AUTOGRAPHEN
(Goethes Briefe an Marianne von Eybenberg.) Von den
in der vorigen Nummer besprochenen Briefen Goethe® an
Marianne von E y b e n b e r g . sind bei der im Rahmen dei
115. Kunstauktion von Albert Ken de in Wien am 23, Juni
erfolgten Autographenversteigerung nur vier Briefe verkauft
worden, u, zw. Nr. 1 Brief vom 4. April 1803 mit 200 S, Nr. 10
Brief vom 20. August 1808 mit 200 S, Nr. 15 Brief vom 1.
Oktober 1809 (betreffs „Wahlverwandtshaften") mit 220 S
und Nr. 20 Brief vom 10. Dezember 1810 (Aufführung der
Oper „Ac'hille") mit 200 S. Die Nummern 1 und 15 wurden
vom Wiener Goethe-Verein erstanden. Von den
Briefen Mozarts erzielte der unter Nr. 42 verzeichnete
(Briefe von Leopold Mozart an seine Frau in Salzburg, datiert
21. August 1770 mit einer Zuschrift von Wolfgang, zirka eine
Seite in Quartformat) 1600 Schilling.
BIBLIOPHILIE.
(Von der Preußischen Staatsbibliothek.) Zum Direktor der
Handschriftenabteilung der Preußischen Staatsbibliothek ist
der bisherige Direktor der Staats- und Universitätsbibliothek
in Breslau, Professor Karl Christ, ernannt worden. Christ
wird der Nachfolger des Professors Hermann Degerings,
der wegen Erreichung der Altersgrenze in den Ruhestand trat.
Während sein Fach die germanische und klassische Philologie
ist, ist Christ« Gebiet die Romanistik. Er vereint die Beherr
schung der Handschriftenkunde .mit einer ausgezeichneten
Kenntnis der mittelalterlichen Literatur. Seine Arbeiten galten
vor allem der Palatina, der Bibliothek der pfälzischen Kur
fürsten in Heidelberg und der Bibliothek des Humanisten
Reuchlin in Pforzheim, Christ, der im 55. Lebensjahre steht,
verwaltete von 1910 bis 1914 die Bibliothek des Preußischen
Historischen Instituts in Rom, arbeitete dann an der Berliner
Staatsbibliothek, wurde 1923 Direktor der Universitätsbiblio
thek in Halle und kam vier Jahre später nach Breslau.
(Lenin-Bibliothek in Moskau.) Anläßlich des 15. Jahres
tages der Errichtung des Sowjetregimes in Rußland wird dieses
Jahr in der Kapitale die große Lenin-Bibliothek er
öffnet. In 25 Magazinen soll sie rund acht Millionen Bände
vereinigen, während die Lesesäle für den gleichzeitigen Be
such von 7000 Personen zugänglich sind. Wie andere Welt
bibliotheken, besitzt, sie eigene Buchdruckerei und Buch
binderei.
BILDER
(Eine Federskizze von Rembrandt.) Die Albertina in
Wien hat eine von Dr. Otto Benesch entdeckte Feder
skizze Rembrandt® zum Kopfe seines Selbstbildnisses
von 1600, der im Pariser Louvre hängt, erworben. Die Skizze,
die auch schon die Staffelei des Bildes andeutet, ist mit brei
ter Rohrfeder in schwarzbraunem Bister durchgeführt.
(Diebstahl von Radierungen und Handzeichnungen.) In
der Nacht auf den 22. Juni wurden aus der Kupferstichsamm
lung des Schlosses Aschaffenburg 84 Radierungen von
Rembrandt, sowie 238 Handzeichnungen deutscher, nieder
ländischer, italienischer und französischer Meister gestohlen.
Sämtliche Blätter tragen auf der Rückseite den Stempel
„Aschaffenburg graph. Sammlung“.
(Rembrandts zu verleihen.) Eine Kunsthandlung in Phi
ladelphia hat sich den Zeiten entsprechend umgestellt. Da
niemand mehr teure Gemälde und Plastiken kaufen will, hat
sich die Firma entschlossen, Kunstwerke zu — verleihen.
Jeder, der bei einer Einladung oder Festlichkeit seine Woh
nung ausschmücken will, kann sich gegen eine mäßige Leih
gebühr alte Meister an die Wand hängen. Der Katalog der
Firma umfaßt 2000 Kunstwerke, darunter sogar einen —
Rembrandt.
NUMISMATIK.
(Aus dem Fürstenberg'schen Münzkabinett.) Die von der
Münzenhandlung Otto H e 1 b i n g Nachf. in München am
7. Juni veranstaltete Auktion von Münzen aus dem fürstlich
F ü rs t e n b e r g's c h e n Münzkabinett in Donau-