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FREMDLÄNDISCHE EINFLÜSSE IN DER
OSTASIATISCHEN KUNST Sie VON OSKAR
MUNSTERBERG-BERLIN S0
IE in entfernten Gegenden ausgegrabenen Schätze
haben in ihren Formen und Verzierungen einen
oft überraschenden Zusammenhang zwischen den
alten Kulturen in der ganzen Welt gezeigt. je
mehr wir den Schleier der Vergangenheit lüften,
desto sicherer erkennen wir, daß es in der Welt-
geschichte nur eine in sich zusammenhängende
Kulturentwicklung gegeben hat, die in den ver-
schiedenen Gegenden, unter Anpassung an das
natürliche und kulturelle Milieu der einzelnen
Länder und Völker, zu neuen selbständigen Kul-
turgebilden umgestaltet ist. Sitten und Techniken sind nicht so innig mit
einer Rasse oder einem Volke verbunden wie die körperlichen Rassenmerk-
male, der Glaube und die Sprache, die auch in ihrer Umformung erkennbare
Einzelheiten aus der Vergangenheit bewahren. Aus Ähnlichkeiten ist daher
keine Stammesverwandtschaft ohne weiteres zu folgern, sondern nur ein
Kultureinfluß, der ebensowohl durch Kriegsziige oder I-Iandelsverbindungen,
als auch durch Missionäre oder zurückkehrende Reisende veranlaßt sein kann.
Wie heute die Völker Europas und Amerikas in regelmäßigem Aus-
tausch ihrer Kulturschätze stehen und ein abgeschwächtes Wirken bis in
das Innere von Afrika stattfindet, so dürfte auch in der alten Welt ein be-
ständiger Einfiuß der höheren Kulturvölker auf niedere, oft weit entfernt
wohnende stattgefunden haben. Es ist daher richtiger, nicht von einzelnen
Kulturvölkern, sondern von Kulturkreisen zu sprechen. Da nur zufällige Funde
an einzelnen Orten uns die Kenntnis untergegangener Kulturen übermitteln,
so pflegen wir nach den Fundorten den betreffenden Stil zu bezeichnen, ohne
damit irgend etwas über seine Ausdehnung zu besagen.
Die Beziehungen zwischen den einzelnen Völkern sicher festzustellen,
ist häufig schwierig, oft unmöglich, da durch veränderte Sitten eine spätere
Umformung oder durch Eroberungen und neue Einwanderungen, durch Erd-
beben oder Versandungen eine völlige Zerstörung der alten Kulturstätten in
vielen Ländern erfolgt ist. In solchen Fällen können wir nur zwischen ein-
zelnen entfernt liegenden Orten einen Zusammenhang aus Ähnlichkeiten der
Fundstücke vermuten, ohne die Zwischenglieder nachweisen zu können.
Bei allem, was Menschengeist geschaffen, dürfen wir nicht den Ent-
wicklungsgang der Naturgeschichte, die Entstehung des Organismus aus der
einfachen Zelle voraussetzen. In umgekehrter Weise werden die Werke einer
hohen Kunst, getragen von den geistigen Ideen eines entwickelten Kultur-
volkes, in vollendeter, meist naturalistischer Gestalt geschaffen. Erst in
späterer Zeit, durch Wiederholungen nach Wiederholungen oder durch
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