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formaler Art voneinander getrennten Entwickelungsphasen der Kunst. Er hat
mit der Erschließung fachlich-zwecklichen Denkens nichts zu schaffen; er
kann auch ohne Erörterungen historischer Art vorzügliche Beispiele geben,
bildet aber für den Lehrling meist bloß eine überflüssige Belastung. Was die
vorzugsweise im Sinne kunstgeschichtlicher Studien betriebene Erziehung
alles gezeitigt hat, lehren hunderttausend mißglückte Bauten des vergangenen
Abb. 1. Kunstgewerbemuseum zuFlensburg. Pesel von der Insel Rom Anfang des XVILJahrhundens. Ausführung
naturfarbig in Föhrenholz, bemalt blau, grün und rot urn xyoo, letzter Anstrich vom Jahre x783, rokokoartig
Jahrhunderts. Der „Stilunterricht" hat an ihnen allerlei Proben seiner Wirkung
zu tage gefördert; der bauliche Gedanke wurde dagegen in den Hintergrund
gedrängt. Will man Anfängern instruktive Beispiele älteren Ursprunges aus
dem Gebiet der Handwerks- und Baukunst geben, so kann das nur an der
Hand einfacher, sachlich klarer Arbeiten geschehen, bei denen voller Einklang
zwischen Stoff, Zweck, handwerklicher Behandlung herrscht. Das ist bei
einem großen Teil der Dinge möglich, die durch den Begriff „Bauernkunst"
bezeichnet werden.
Vielfach wird geleugnet, daß eine Bauernkunst überhaupt existiere
und daß, wenn man die Resultate der mit diesem Namen bezeichneten Ar-
beit wirklich beachtenswert fände, man auch alle Produkte des Küchenlateins
bei sprachlichen Studien in Berücksichtigung ziehen müsse. Die Ansicht