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gleichen, soweit es den architektonischen Teil betrifft, gar nichts voraus hat.
Die nach echt akademischen Prinzipien ohne jedwede Berücksichtigung des
vorhandenen Stoffes gelöste Anordnung des Ganzen schuf zwar viele Hohl-
räume zur Aufstaplung der Sammlungsstücke. Die zahlreichen, vollständig
vorhandenen, aus den verschiedensten Landesteilen stammenden Stuben
aber mußten, so gut es eben ging, in die Museumssäle eingebaut werden; in-
folgedessen korrespondieren ihre Lichtöffnungen keineswegs mit den Fenstern
des Museumsbaues. Die Einhaltung
der Achsen war ja natürlich weit
wichtiger als die sachgemäße Unter-
bringung des Stoffes.
Heinrich Sauermann ist an diesem
Kapitalfehler, der den weitaus meisten
Museumsbauten anhaftet, nicht schuld.
Er hat den Bau nicht projektiert. Sein
Teil an der Schöpfung liegt, abge-
sehen von der immensen Arbeit, die
damit zusammenhing, abgesehen
weiter von den höchst beträchtlichen
materiellen Opfern, die er, lange bevor
ihm die Regierung ihre starke Hand
bot, brachte, darin, daß die Frage des
Zusammenwirkens von Vorbild und
Neuschöpfung richtig erfaßt wurde:
Auf Grund der einzig richtigen Über-
zeugung, daß Ersprießliches nur er-
reicht wird, wenn der Weg einer
wirklichen Wiederbelebung künstleri-
scher Volkskultur seinen Anfang beim
Einfachen nimmt, wenn die Entwick-
lung von innen nach außen erfolgt.
Wo das Umgekehrte erfolgt, ist und
bleibt Genuß und Erwerb künstleri-
scher Arbeit immer nur Vorrecht der
Besitzenden. DieWegdrängung breiter
Volksmassen von der Teilnahme am
Genusse künstlerisch notwendiger
Momente im Alltagsleben ist ein
großer Fehler moderner Regierungs-
weisheit. Deshalb wenden die klugen
Engländer ihr Augenmerk bei Grün-
dung und Ausbau ihrer gesundheitlich
unübertrefflichen, außerstädtischen
Volkswohnquartiere gerade diesem
Abb.24. Kunstgewerbemuseum zu Flensburg. Beider-
wandstoff mit der Darsxellung vom verlorenen Sohn.
Zweite Hälfte des XVIII. Jahrhunderts aus Leinen
und Wolle. Wollschuß grün, Leinen naturfarbig
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