ein. Die sonst von den
Älterleuten geübte Gewalt
war auf dieI-Ierrschaft über-
gegangen, welche sie durch
ihre Reitvögte und Auf-
seher ausübte. Diese fällten
die Urteile und vollzogen
die Bestrafung. An Stelle
der Brüchen (niedere Stra-
fen, die mit Geld beglichen
wurden, „Sachen, die an
Haut und Haar" im Gegen-
satz zu jenen, die „an Hals
und Hand" gehen) trat Ge-
fängnis und körperliche
Züchtigung. Wer einen Be-
sitz erpachtete, erhielt auch
das Recht zu bestrafen mit
„Peitschen, Keller und
Pfahl". Was in den Dörfern
Rechtens sein sollte, be-
stimmte der Gutsherr; selbst
die Gildeordnungen wurden
nach seiner Willkür geän-
dert oder aufgehoben; sie
tragen denn auch zum Teil
unverkennbar den Stempel
davon. So heißt es bereits
im Jahre 1587 in der Gottorper Dorfbeliebung: „ .
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Abb. 28. Kunstgewerbernuseum zu Flensburg. Geschnitzxe Säulen-
schäfte von einem Schrank mit zurückspringendem Geschoß.
Zirka 1590, Eichenholz
. . . Wir Junker
haben den Kirchspielleuten gestattet, einmal im Jahre zusammen zu kommen
. . . . Doch darf sich kein junges Volk einfinden . .
. . Erdreistet sich ein
Knecht, am Gildetisch Platz zu nehmen, so soll man ihn vor seine Obrigkeit
führen, die ihn so nachdrücklich strafen soll, daß er andern als warnendes
Beispiel dienen kann." - Das ging so weit, daß die Leute zum Abendmahl
gelangt war, wurden sie sozusagen täglich gefordert. Dazu kam, daß jahraus, jahrein so hohe Abgaben zu
zahlen waren, daß manchem Bauer für seine und der Familie Bedürfnisse nichts llbrig blieb. So wie der Bauer
aber verschuldet war, hatte ihn der Edelmann in seiner Gewalt. Daß diese Verhältnisse im südlichen Schleswig
viel trauriger wurden als anderswo, hat seinen Grund darin, daß der holsteinische Adel, welcher hier hauste,
die Ausnutzung seiner Rechte weit besser verstand als die übrigen Gutsherren. Die Gutsfelder wuchsen ins Un-
glaubliche und wurden ringsum eingehegt. Die Gemeindeweiden wurden beschnitten, viele Bauernstellen nieder-
gelegt und vielen das Land entzogen, das ilher ein kleines festgesetztes Maß hinausging. Die Frohuden mehrten
sich in dem Maße, je kleiner die Anzahl der Gutshauern wurde, und drückte urn so mehr, je mehr ihr Wohlstand
abnahm. Es gab Güter, auf denen jede Paehtstelle fast täglich zwei, drei Mann und vier Pferde für den Dienst
der Herrschaft stellen mußte. Noch heute sind die Folgen der Unterdrückung in diesen Gegenden erkennbar.
Auf den großen Gütern in Schwanseu triEt man es noch oft genug, daß die Nachkommen der Leibeigenen
demütig mit dem Hut in der Hand dastehen, wenn jemand mit ihnen spricht, der nicht dem Bauernstande
angehört.