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So wie die ganze Gothik überhaupt die That des der kirchlichen Schule entwachsenen
Laienthums bedeutet, so machten auch die Bauhütten der großen Dome den Anfang zu
jenen festen Verbänden der Bauleute, welche Constructionen und Formen zünftig hüteten
und handhabten, wenn auch dabei das Individuum eine gewisse Selbständigkeit behielt.
Es wäre Gegenstand einer fachmännischen Untersuchung, den Einfluß der Regensburger
und der Wiener Bauhütte auf die Bauthätigkeit Oberösterreichs zu ermitteln, sicher aber
ist dieselbe auch reich an ganz autochthonen Elementen, welche mit jener gesunden Kraft
verarbeitet wurden, die ebensosehr in der Subtilitäten abholden Stammesart, als auch
in der Beschaffenheit des verfügbaren Steinmaterialcs, Granit und Nagelflue, ihre
Erklärung findet.
Unsere Gotteshäuser sind meist Hallenkirchen ohne Querhaus, und es ist eine Eigen-
thümlichkeit der Kirchen Oberösterreichs, daß die meisten derselben zweischiffig sind, daher
die schlanken Säulen in der Mittellinie ausschießen. Der Chor ist meist aus dem Achteck
gebildet und sehen wir oft seine Axe gegen jene des Langhauses einen merkbaren Winkel
einschließen, angeblich ein mystisches Symbol für die Neigung desHauptes des Gekreuzigten.
Der Thurm ist gewöhnlich der Westseite vorgebaut und mit einem Walmdache gedeckt,
während ein hohes und steiles Satteldach sich auch bei mehreren Schiffen über das ganze
Langhaus breitet. Selbst bei jenen größeren Kirchenbanten, bei welchen der Thurm ans
einer der Langseiten, meist die nördliche, angeordnet ist, haben wir es immer nur mit
Einem Thnrme zu thun.
Eine Eigentümlichkeit des Jnnviertels bilden die aus dem Viereck ins Achteck über
gehenden Thürme, eine Bauweise, welche dort auch die Renaissance beibehielt. Allenthalben
hat die Barock- und Rococozeit die meisten Kirchthürme mit ihren gebauchten Kuppeln
bedacht, ohne indeß das mittelalterliche Kirchendach zu modificiren. Außer Taufbecken
und Kanzeln waren die, meist auf der Evangelienseite angebrachten, in L>tem gearbeiteten
Sacramentshäuser, ehemals zur Aufbewahrung des Allerheiligsten bestimmt, er» besonders
geeigneter Vorwurf für decorative Coneeptionen. Die zierlichsten derselben sind jene zu
Lorch, Steyr und Gampern.
Oberösterreich ist überhaupt reich an schönen Kirchenbanten dieser Epoche. Nebst
der lebensvollen, äußerste Wandreduction zeigenden Pfarrkirche m ^teyr, der köstlichen
Margarethenkapelle, der einfachen, aber ebenso edlen als großräumigen Pfarrkirche zu
Mondsee und der originell gedachten Spitalskirche zu Braunau gibt es noch überaus viele
Landkirchen welche theils durch Anlage theils durch Ausbildung der Formen geradezu
hochinteressant zu nennen sind. So z. B. die Pfarrkirche zu Pnchenan, Königswiesen,
Pabneukirchen, Pischelsdorf, Engelhartszell, Oberschauerberg, Eferding, Vocklamarkt,
Gampern, Hallstatt, Laakirchen, Wartberg, Kematen u. s. iv.