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Volltext: Monatszeitschrift XI (1908 / Heft 8 und 9)

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wenn auch nicht ganz ohne fremde Beihilfe, doch zum allergrößten Teil vom 
Künstler allein ausgeführt wurde. In Wahrheit das Werk eines Meisters! 
Ein Glück, das das Geschick dem bereits siechen Manne vergönnt hat, diese 
Arbeit, welche er selbst wiederholt als die Erfüllung seines Lebenstraumes 
bezeichnet hat, zu Ende zu führen. Und vielleicht ist es eben dieser Drang 
nach Verkörperung seines Ideals gewesen, der Geist und Hand beflügelte 
und kräftigte, auszuharren bis ans Ende. - Noch ein Wort über die Raum- 
behandlung in diesen großen Freskowerken Grolls. Auch in diesem Punkte 
wußte der Künstler geschickt zwi- 
schen dem Rafünement des älteren 
Barockstils und dem archaisieren- 
den Purismus neuerer, nament- 
lich romantisierender Malerei eine 
glückliche Mitte zu halten. Der 
alte Barockstil, perspektivischer 
Künste voll, hat oft den Raum, 
den seine Bilder zu schmücken 
bestimmt waren, völlig zersprengt. 
Der Blick in einen idealen, besser 
gesagt, illusionistischen Raum, 
den die Kunst des Malers hervor- 
zauberte, verdrängt das Gefühl für 
den realen, welchen der Architekt 
geschaffen hat. Umgekehrt die 
Parole der archaisierenden Malerei 
älterer und neuerer Präraffaeliten, 
welche die dritte Dimension ver- 
bannt und nur Flächen, nichts als 
Flächen zulassen will. Es braucht 
nicht gesagt zu werden, daß diese 
Forderung, in einer Barockkirche 
  Abb. 17. Der heilige äläiiäiacgzäiizrus an der Kapelle in 
würde auch einen freien Illusionis- 
mus kaum ertragen wollen. Groll ist verschiedene Wege gegangen. Manche 
Darstellungen, namentlich die Bilder in den Gurtgewölben, läßt er als Bilder 
wirken, die sozusagen ihren eigenen Raum mit sich führen. Bei anderem, 
zum Beispiel bei den Gestalten der Evangelisten oder der musizierenden 
Engel am Orgelchor, hat er mit bewußter Kunst den Schein voller Körper- 
lichkeit erstrebt und erreicht. Dasselbe gilt zum Teil auch von den Dar- 
stellungen in der Haindorfer Kuppel, die auf ein gemaltes Podest von 
einigen Stufen gestellt sind, dadurch über das Kranzgesims emporragen und 
durch Gewandstücke, welche über diese Stufen hinabfallen, Gliedmaßen, 
welche darüber hinauszuspringen scheinen, außerordentlich plastisch, wie 

	        
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