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wenn auch nicht ganz ohne fremde Beihilfe, doch zum allergrößten Teil vom
Künstler allein ausgeführt wurde. In Wahrheit das Werk eines Meisters!
Ein Glück, das das Geschick dem bereits siechen Manne vergönnt hat, diese
Arbeit, welche er selbst wiederholt als die Erfüllung seines Lebenstraumes
bezeichnet hat, zu Ende zu führen. Und vielleicht ist es eben dieser Drang
nach Verkörperung seines Ideals gewesen, der Geist und Hand beflügelte
und kräftigte, auszuharren bis ans Ende. - Noch ein Wort über die Raum-
behandlung in diesen großen Freskowerken Grolls. Auch in diesem Punkte
wußte der Künstler geschickt zwi-
schen dem Rafünement des älteren
Barockstils und dem archaisieren-
den Purismus neuerer, nament-
lich romantisierender Malerei eine
glückliche Mitte zu halten. Der
alte Barockstil, perspektivischer
Künste voll, hat oft den Raum,
den seine Bilder zu schmücken
bestimmt waren, völlig zersprengt.
Der Blick in einen idealen, besser
gesagt, illusionistischen Raum,
den die Kunst des Malers hervor-
zauberte, verdrängt das Gefühl für
den realen, welchen der Architekt
geschaffen hat. Umgekehrt die
Parole der archaisierenden Malerei
älterer und neuerer Präraffaeliten,
welche die dritte Dimension ver-
bannt und nur Flächen, nichts als
Flächen zulassen will. Es braucht
nicht gesagt zu werden, daß diese
Forderung, in einer Barockkirche
Abb. 17. Der heilige äläiiäiacgzäiizrus an der Kapelle in
würde auch einen freien Illusionis-
mus kaum ertragen wollen. Groll ist verschiedene Wege gegangen. Manche
Darstellungen, namentlich die Bilder in den Gurtgewölben, läßt er als Bilder
wirken, die sozusagen ihren eigenen Raum mit sich führen. Bei anderem,
zum Beispiel bei den Gestalten der Evangelisten oder der musizierenden
Engel am Orgelchor, hat er mit bewußter Kunst den Schein voller Körper-
lichkeit erstrebt und erreicht. Dasselbe gilt zum Teil auch von den Dar-
stellungen in der Haindorfer Kuppel, die auf ein gemaltes Podest von
einigen Stufen gestellt sind, dadurch über das Kranzgesims emporragen und
durch Gewandstücke, welche über diese Stufen hinabfallen, Gliedmaßen,
welche darüber hinauszuspringen scheinen, außerordentlich plastisch, wie