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der christlichen Mythologie, vor allem das Menschliche, nur unter verschie-
denen Symbolen. Er stellte die großen Stoffe des christlichen Glaubens
künstlerisch dar, nicht als ein Gläubiger im Sinne des Dogmas, der er nie
war; sondern als Künstler und Dichter, der die ewigen Mächte des mensch-
lichen Gemütes ahnt, die in den heiligen Geschichten zum Ausdruck kommen.
Wie die großen Meister der klassischen Kunst war Groll immer er selbst,
ob er Festräume mit Farbenzauber schmückte oder die Tragödie der Er-
lösung von Kirchenwänden herab zu andächtigen Betern sprechen ließ. Was
hier auseinandertrat, waren in Wahrheit nur die zwei Seiten seines Wesens,
das unbefangene, heitere Genußfreudigkeit und ein tiefes Gemüt, große Güte,
Milde des Urteils und Respekt der fremden Person, hinter einer manchmal
herben, ja schroffen Außenseite verbarg.
Abb. 24. Gemälde im Speisezimmer der Villa Berl in Gutenstein
Einige monumentale Arbeiten, durch Preisausschreibungen angeregt, an
welchen sich Groll erfolgreich beteiligte und bei denen er durch Preise aus-
gezeichnet wurde, sind nicht zur Ausführung gelangt: so die schönen Entwürfe
für die Ausschmückung der großen Halle des Rudoliinums in Prag, der Ent-
wurf für die malerische Ausschmückung des Frieses in der Säulenhalle des
Parlamentsgebäudes, der Entwurf für einen Freskofries im Gemeinderatssaal
des Rathauses zu Wien und die malerischen Entwürfe für die Ausschmückung
des neuen Burgbaues. Dasselbe Schicksal widerfährt auch der letzten grö-
ßeren Arbeit des Künstlers, dem Entwurfe zu einem Fresko, welches die
Stirnwand des Schwurgerichtssaales im neuen Justizpalaste zu Salzburg
schmücken sollte: die Gerechtigkeit in majestätischer Haltung und mit den
Attributen ihrer Macht auf einem säulengetragenen Throne, vor ihr, unter
ihr in bewegter Gruppe die Beschädigten, Verletzten, Ankläger und Ver-