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angrenzenden Territorien, wie
vollständig diese Stilweise in den
Zeiten zwischen der Beendigung
des Dreißigjährigen Krieges und
dem Tode Kaiser Josefs II. ge-
herrscht hat; wie groß ihr Können
und wie mannigfaltig der Kreis
der Aufgaben gewesen ist, die sie
mit ihren Mitteln in glanzvoller
Weise zu lösen vermochte. Und
obwohl unter italienischen Ein-
fiüssen entstanden und durch Zu-
zug italienischer Künstler wie
durch die nahen Beziehungen
des Kaiserhauses zu Italien fort-
während genährt, darf diese
Kunst des Barock doch in mehr
als einem Sinne als ein spezifisch
österreichisches Gewächs ange-
sehen werden. Trotzdem ist sie
lange mit scheelen Augen be-
trachtet worden. Klassizisten,
Romantiker und Bewunderer der
Renaissance schalten auf sie als
eine geschmacklos übertreibende,
pomphaft parodistische Ausartung
älterer reinerer Formsysteme, und
doch war sie zur Zeit ihrer Blüte
ein edler und typischer Ausdruck Abb. 2. Kreuznbnahrne aus der Basilika zu Troppau (nach
der gesellschaftlichen Mächte, m" Photographie)
welche im XVII. und XVIII. Jahrhundert Österreich, die österreichische
Kultur und in einem gewissen Sinne auch das österreichische Volk repräsen-
tierten: Hof, Hochadel und katholische Kirche.
An diese der Gegenwart zeitlich zunächst stehende, aber von ihr ver-
gessene, ja beinahe gemiedene Kunstrichtung knüpft Grolls künstlerisches
Schaffen, namentlich in späteren Jahren seiner Tätigkeit, immer bewußter
an. Manche Umstände seines Lebens begünstigten diese künstlerische Ent-
wicklung. Er war ein Sohn des Wiener Bodens, auf welchem der größte
heimische Meister der barocken Malkunst, Daniel Gran, eine Anzahl seiner
glänzendsten Werke geschaffen hatte: den Galleriesaal im Schwarzenberg-
Palais am Rennweg, die Dekoration des großen Saales im kaiserlichen Lust-
schloß zu Hetzendorf und vor allem die großartige malerische Ausschmückung
der Hofbibliothek, das Bedeutendste was Gran und die Malerei des Barock
in Österreich überhaupt hervorgebracht haben. Aber Hunderte von jungen
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