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Volltext: Monatszeitschrift XI (1908 / Heft 10)

GeschaHenen nach allen Weltgegenden veranlassen, die reproduzierenden Künste ein 
gewichtiges Wort mit. So hat sich natürlich auch auf der Ausstellung die Gruppe der großen 
Münchner Verlagshäuser und Kunstanstalten in umfangreichem Maß entwickelt. Die 
gebotenen Vorführungen zeigen das schier unglaubliche Umfangsmaß der Produktion 
ebenso drastisch, wie die einzelnen Verfahren durch reiches Demonstrationsmaterial in 
ausgiebigster Weise erläutert werden. Die Buchkunst, vereinzelte Erscheinungen aus- 
genommen, weist noch nicht in allen Beziehungen die Höhe auf, die man eigentlich vor- 
aussetzen müßte. Hervorragend in ihrer Art ist die vielfach typographischen Zwecken an- 
gepaßte große Sammlung von Arbeiten des bekannten Schleißheimer Künstlers Otto Hupp, 
der streng und konsequent den Spuren der klassischen Zeit der deutschen Buchdruckkunst 
nachgeht und sich nie auf Konzessionen eingelassen hat, die für ihn ein Abweichen von der 
angenommenen Linie bedeuten. Neben der imponierend großen Zahl seiner illustrativen 
Schöpfungen hat er auch eine Menge köstlicher dekorativer Platten, in einfachen Glasuren 
ausgeführt, seinem Raum zur Zierde angefügt. An keramischen in München selbst ent- 
standenen Arbeiten ist die Ausstellung übrigens nicht sehr reich. München, dessen Tonlager 
bloß für Baumaterialzwecke in Betracht kommen, hat außer der ehemaligen königlichen 
Porzellanmanufaktur, die unter der Mitarbeit von Bildhauer Wackerle und Professor Nie- 
mayer offenbar wieder vielversprechend in die Höhe geht, seit Scharvogels Wegzug keine 
größeren keramischen Betriebe aufzuweisen. Viele Künstler, wie zum Beispiel W. Diez, 
Riemerschmidt und andre, arbeiten für nichtmünchnerische Betriebe, die durch größere 
Gruppen ausgeführter Arbeiten vertreten sind. so zum Beispiel die bekannte Firma 
Schmidt-Pecht in Konstanz. 
Sollen alle die schier unzähligen Stoffgebiete der Ausstellung hier aufgezählt, alle 
Namen, die mit guten Leistungen in Verbindung stehen, genannt werden? Ihrer sind zu 
viele. Aber zwei Gruppen seien noch erwähnt. In Metallarbeiten mannigfacher Art, 
schmiedeisernen wie kupfergetriebenen oder in andern Techniken hergestellten Stücken, 
hat man in München von jeher Tüchtiges geleistet. Auch diesmal. Wenn der vielfach 
wieder in Anwendung kommende Emaildekor kupferner oder bronzener Objekte etwas 
weniger die moderne japanische Exportware, dafür mehr die alten Emaillierverfahren zum 
Muster hätte, so wäre ohne Zweifel da manches noch besser geworden, als es ist. Man 
merkt die Wohlfeilheit des Verfahrens manchmal stark durch; außerdem soll Emaildekor 
nicht wirken wie aufgeleimtes Ornament. 
Zu wahrer Prachtentfaltung aber ist die Kunst des Metallarbeiters getrieben in der 
Abteilung der Goldschmiede. Auch da charakterisiert sich die Münchner Arbeit in einem ge- 
sunden Festhalten an erprobten Traditionen. Wenn schon Gotik und Renaissance nicht mehr 
bestimmend sind für die künstlerische Form, so bilden sie doch in deutlich durchzufühlender 
Weise die Grundlage dessen, was unsere Tage auf dem Gebiet schaffen. Dieser konser- 
vative Geist treibt doch immer wieder neue Blüten. Er hat sicherlich vielseitige Anregung 
aufgenommen, aber sie sind einer künstlerischen Akklimatisierung unterlegen. Viel köstlich 
Gut gibt's zu sehen. Wenn eines Stückes mit Namen gedacht sein soll, so ist es das von 
Fritz von Miller; er bleibt ein immer jugendlich Frischer unter denen, die mehr als sechzig 
jahre zählen! Sein köstlicher großer Aufsatz, ein phantastisch von reichgliedrigen Kronen 
umrarikter Einhornkopf, ist eine Schöpfung voller Formenpoesie wie alles, was dieser fein- 
sinnige Goldschmied seit vielen Jahren der Welt geschenkt hat. Die Ausstellung enthält 
noch weitere Werke von seiner Hand; sie sind in einzelnen Räumen, nicht bei der Gold- 
schmiedgruppe, untergebracht. Unterbleibt die Nennung andrer Namen dieser altehrwür- 
digen Zunft, so ist's bei Gott nicht Verkennung der vielen vorzüglichen Arbeiten, die sie 
geboten, sondern Abneigung gegen Aufzählerei. 
Einer Gruppe sei noch gedacht, die nicht aus Dingen von materiell großem Wert 
noch von auffälligerErscheinungbesteht: der billigsten Verkaufsobj ekte unter allen, - beträgt 
doch der Preis für das Anspruchloseste volle fünf Pfennige. Es ist eine Streichholzschachtel, 
ja, eine Streichholzschachtel, nichts mehr, nichts weniger. Sie zeigt, daß auch solch
	        
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