Man muß darin streng denken, nur dadurch wird die Erkenntnis geschärft. So kann
ich auch den mit dem ersten Preis gekrönten Entwurf Heinrich Voglers nicht bewundern.
Vogler stichelt den Namen der Kronprinzessin in zierlichen Silberstiftzügen in ein Oval
und stellt daneben eine Graziengestalt. Das ist etwas billig, Formsprache des XVIII. Jahr-
hunderts und diesmal nicht belebt, nur Hau nachempfunden.
Sehr angenehm ist es für den Kritiker, daß er dem Tadel gegenüber seine positiven
Wünsche nicht nur theoretisch auszusprechen braucht, sondern daß er sie am vorhandenen
Beispiel klar machen kann.
Man begegnet hier mehreren Künstlern, die mit klarer Sach- und Zweckerkenntnis
ihre Aufgabe anfassen und sie aus den Voraussetzungen ihres Wesens heraus schmuck-
haft lösen. Dies Wesen ist, wie schon gleich im Anfang gesagt wurde, durchaus typo-
graphischer Natur; die Komposition der Namenskarte hat von der Schrift und nicht vom
Illustrativen oder Dekorativen auszugehen. Ihre reinste Schönheit wird immer der cha-
rakteristische Ductus sein. Das belegt am konsequentesten Hans I-Ieyer; seine Karten haben
keinen Ausputz, sie wirken durch den lebendigen Zug der Inschrift. Diese Schrift hat etwas
Modernes in ihrem schlanken, sehnigen, herben Charakter; es ist rassige Figur in ihr und
man kann eine Verwandtschaft finden zu der stählernen Schrift Eric Gills aus der „Society of
Calligraphers", der die Aufschriften zur Wilhelm-Ernst-Ausgabe des Inselverlages entwarf.
Reine Lösung, wenn auch archaisch gefärbt, gibt gleichfalls Rudolf Koch. Er zieht
den Namen der Prinzessin Johann Georg von Sachsen in Mönchsschrift zwischen roten
I-Iorizontallinien auf einem Pergamentblatt und läßt von dem wie einen Eckpfeiler gegen
die Schriftzeile gestellten Anfangsbuchstaben das Wappen herabhängen. Sachlich und dabei
ziervoll wirkt die lapidare Aufschrift johannes Grafs für die deutsche Kronprinzessin, gold-
geprägt und mit dem farbigen Allianzwappen bekrönt. Und es ist ein durchaus legitimes
Ornament, aus dem Heraldisch-Typographischen entwickelt, wenn Walter Matthes seinen
derselben Empfängerin bestimmten Schriftsatz mit einer Volutenumrahmung umzieht und
ihn als Kartusche darstellt.
Man braucht überhaupt nicht puritanisch zu sein, es ist auch eine sehr reiche, schmiik-
kende Ausführung möglich, wenn sie nur die richtigen Proportionen zur Schrift findet und
mit ihr ein stimmendes Ensemble bildet. Auch hiefür fehlen die Beispiele nicht. Alexander
Liebrnann wählt als Untergrund für die Schrift einen jener Sockel mit Kranzgewinden,
wie sie die Basis alter Porträtkupfer bilden und stichelt darauf in wesensverwandtem Stil
den Namen. Th. Gengnagel folgt dem Vorbild von Morris-Titeln, wenn er aus schwarzem
Grund weißes Kräusel- und Rankenwerk heraushebt und von ihm umspielt gleichfalls weil]
den Namen als Hauptstück aufleuchten läßt.
Das ist gut typographische Dekoration und läßt sich vertreten; ich persönlich würde
allerdings immer die reine Schönheit der Schrift bevorzugen. Felix Poppenberg
ERLIN. AUSSTELLUNG „DIE DAME IN KUNST UND MODE". In den Monaten
januar-Februar xgog findet in den Räumen des Hohenzollern-Kunstgewerbehauses
eine Ausstellung „Die Dame in Kunst und Mode" statt, deren Reinertrag den Erholungs-
häusern der Heimarbeiterinnen zugeht. Das Ausstellungskomitee wendet sich mit seinen
soeben zur Verschickung kommenden Einladungen nicht nur an die Werkstätten der Künstler
und die Firmen der Kunstindustrie, sondern auch an alle Privatpersonen, die im Besitz
hierhergehöriger Objekte sind. Nähere Auskünfte erteilt die Geschäftsleitung: Dr. Paul
Kraemer, Berlin W., Leipzigerstraße 13.
ÜSSELDORF. AUSSTELLUNG FÜR CHRISTLICHE KUNST X909. Eine um-
fassende Ausstellung für christliche Kunst soll vom x 5. Mai bis zum x. Oktober 190g
im städtischen Kunstpalaste zu Düsseldorf stattfinden. Der Gedanke, eine solche Ausstellung
ins Leben zu rufen, hat in den weitesten Kreisen lebhaften Anklang gefunden und tief-
gehendes Interesse geweckt. Die Vertreter der höchsten kirchlichen, Staats-, Provinzial-
Rn