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Volltext: Monatszeitschrift XI (1908 / Heft 12)

also wieder einen auffallenden Gegensatz, hier nicht zwischen rechts und 
links, aber zwischen vorne und rückwärts zu bemerken. Auch sehen wir nun, 
daß kein Stück des Ornats dem andern gleich ist; selbst die Tieromamente 
in den Quadraten, die sich an der Kasel und an der Dalmatika finden, sind 
wenigstens in der Größe verschieden und verschieden durch ihre Stellung 
innerhalb der Gesamtanordnung des Gewandes (einmal rechts, einmal links). 
Jedenfalls gehören die fünf Stücke aber trotzdem zusammen, da sie im 
ganzen Stile, in der Technik und im Materiale durchaus zusammenpassen; wir 
haben auch gesehen, daß sich die auf die Äbtissin Kunegunde bezüglichen 
Inschriften auf verschiedene Stücke verteilen. Wir sehen aber auch, daß 
kein einziges zur Ausbesserung verwendetes Stück ursprünglich etwa einem 
weiteren Ornatteile angehört hat, so daß wir weder mehr noch weniger als 
fünf Stücke anzunehmen haben "i 
Jedenfalls ist der Ornat, wenn auch Stola, Manipel und andere Teile 
fehlen, geradezu ein Unikum in der Welt. Es gibt aus so früher Zeit wohl viele 
Kaseln, Dalmatiken, Antependien und andre kirchliche Stücke, gewiß auch 
viele von höherem Kunst-, historischem oder Materialwerte; aber es gibt sonst 
kaum fünf zusammengehörige, die Hauptteile eines zusammenhängenden 
Ornats bildende Stücke aus so früher Zeit. Darin beruht einer der großen 
Werte dieser Stickereien". 
Aber auch in anderer Beziehung ist der Ornat von höchster Bedeutung. 
Er ist auch rein künstlerisch betrachtet ungemein wichtig. Denn es gibt nur 
ganz wenige Stickereien aus romanischer Zeit, die uns die Farbenpracht der 
Keilstlicke, die ursprünglichen Enden der Stickerei. Bei den Keilstilcken ist das, wie gesagt, auch an der 
Dalmatika der Fall. An der Tunicella sind unter dem heutigen groben Leinenfutter noch Spuren eines roten Seiden- 
futters zu bemerken. 
f Ob bei der Auflösung des Klosters noch andere Teile des Ornats, wie Alba, Stola, Mauipel, Kelch- 
decke vorhanden waren, ist ungewiß; Bock sagt zwar etwas unklar: (Mitteilungen der k. k. Zentralkomrnission 
1858, Seite94) „Zu dem oben beschriebenen (eben dem Gößer) Meßornat haben sich auch noch einige Stolen 
erhalten, die ebenfalls in kompositorischer und technischer Beziehung für das Studium der älteren liturgischen 
Gewänder nicht ohne Interesse sein dürften. Gestickte Caporaltäschcben, Kelchbedeckung und das entsprechend 
ornarnentierte Kelchtuch finden sich heute bei dem gedachten Güßer Meßornat nicht mehr vor. Desgleichen 
auch nicht mehr die Alben . . . " Man könnte hiernach also annehmen, daß Bock noch zugehörige Stolen ge- 
kannt habe; von dem Verfasser wurden sie aber nicht gesehen, und dem jetzigen hochwürdigen Herrn Pfarrer 
Färber, aus dessen Händen die Stücke übernommen wurden, waren zugehörige Stolen und so weiter völlig 
unbekannt, so daß bei Bock wohl eine ungenaue Angabe oder ein Irrtum vorauszusetzen ist. Bock meinte ver- 
mutlich die von Pfarrer Finster in dem oben (Seite 614) erwähnten Berichte abgebildeten Stolen, die auch 
Rohault de Fleury in seinem Werke „La Messe" auf Tafel DCXVII wiedergibt und im VII. Bande, Seite 5B, 
(mit irrttlmlichen Literaturangaben) kurz erwähnt. - Den Teil einer unserem Omate nahverwandten Stola oder 
Manipel besitzt das k. k. Österreichische Museum (Textilnummer 100g). Ein 35 Zentimeter langer und ungefähr 
6 Zentimeter breiter Leinenstreifen ist vollständig mit Rauten und geometrischer Musterung darin in bunter 
Seidenstickerei bedeckt. Unten setzt ein trapezförmiges Stück (mit Darstellung einer Madonna in bunter Seide 
und ganz wenigem Golde) an und daran hängen fünf dicke Seidenßocken von verschiedenen Farben. Obgleich 
dieses Stück nicht zu unserem Omate gehört, so kann es doch zeigen, daß auch dessen kleinere Teile ganz 
gestickt gewesen sein können. Nebenbei bemerkt, besitzt das Museum (unter Textilnumrner 762) auch eine 
6 I1, Zentimeter breite Seidenborte, die dem auf Seite 613 unten abgebildeten Stücke fast völlig gleicht. 
" Durch die Güte des Herrn Dr. Ulrich Schmid erfahre ich, daß der rühmlichst bekannte Stiftsbibliothekar 
Dr. Adolf Fäh zu St. Gallen in der Schweiz demnächst in der „Walballa" (München) über einen in Spanien 
aufgefundenen vollständigen Ornat, anscheinend deutscher Herkunft, berichten wolle; doch stammt auch dieser 
Ornat nach freundlichen direkten Mitteilungen Dr. Fähs erst aus der Mitte des XVJahrhunderts. Auch andere 
von dem Genannten in Spanien aufgefundene, sonst sehr bemerkenswerte, Paramentenschitze reichen wohl 
kaum in die Zeit unserer Arbeiten zurück.
	        
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