nur noch Gewohnheit veranlaßte mich, gelegentlich suchend weiterzu-
stöbern. Dieser Ausdauer wurde schließlich ihr Lohn zuteil. Ich vermochte
das Bildnis auszukundschaften, und zwar nicht nur das lang gesuchte
Porträt der Mutter des Hauptmanns Stierle-Holzmeister, sondern auch noch
das Porträt des wackeren Hauptmanns und einer Verwandten von ihm,
eines Fräuleins Philippine von Böhmer, nachmals Gattin des Hofrats Lötsch.
Meine Freude über diesen Erfolg meiner Mühen war um so größer, als sich
die Bildnisse in tadelloser Erhaltung als Meisterleistungen Waldmüllers
repräsentierten. Einer schon vorher mit der Firma Artaria 81 Co. getroffenen
Vereinbarung gemäß, erwarb ich die drei Porträte für die genannte Kunst-
handlung, in der sie jetzt zu sehen sind, von der einzigen noch lebenden
direkten Enkelin des Hauptmanns Stierle-Holzmeister, der Gattin eines
höheren Offiziers.
Von den drei auf Leinwand gemalten, etwas unter lebensgroßen Bild-
nissen zählen zwei, und zwar die Porträte der Hofrätin Henriette Stierle-
Holzmeister und ihres Sohnes Hauptmann Josef Stierle-Holzmeister, zu den
durch die dargestellten Persönlichkeiten interessantesten und künstlerisch
wertgradigsten des gesamten Porträtwerkes Waldmüllers. Alle jene
besonderen Qualitäten, die wir an dieses Künstlers besten Bildnissen
bewundernd schätzen, finden wir bereits in diesen frühen Porträten, deren
erstes 18:7 entstand, in einer auch später vom Künstler nicht übertroffenen
Weise manifestiert. Sie sind nur mit sich selbst oder mit Waldmüllers
Beethoven-Porträt zu vergleichen. Was die Persönlichkeit der Dar-
gestellten betrifft, von denen namentlich die des Hauptmanns Stierle-
Holzmeister interessiert, für den L. Hevesi in seiner Geschichte der öster-
reichischen Kunst des XIX. Jahrhunderts eine Gedenktafel an seinem
einstigen Wohnhause verlangt, da er derjenige war, der Waldmüller jene
Anregung gab, welche für des Malers künstlerische Wandlung und Ent-
wicklung maßgebend wurde, ist darüber nachstehendes zu berichten:
Josef Stierle-Holzmeister wurde am 26. November 178: in Wien geboren,
wo er am 6. Dezember 1848 auch starb. 1798 trat er als Kadett in das Chevaux-
legersregiment Kinsky ein. 1805 bis 180g machte er in demselben die Feld-
züge mit. Für seine vor dem Feind bewiesene Tapferkeit wurde er zum
Offizier befördert und zur Infanterie versetzt, in der er bis zum Kapitän vor-
riickte. Der Zustand seiner im Kriege erschütterten Gesundheit zwang ihn,
1811 in den Ruhestand zu treten. Von 18x: bis x828 lebte Hauptmann
Stierle-Holzmeister in Wien, worauf er nach Preßburg übersiedelte, wo er
während zwölf Jahren wohnhaft blieb. 1840 kehrte er nach Wien zurück.
Kostspielige Badekuren und fehlgeschlagene Unternehmungen hatten sein
ursprünglich recht ansehnliches Vermögen, von dessen Zinsen er bisher
gelebt, so bedeutend verringert, daß er darauf bedacht sein mußte, sich
einen Verdienstposten zu verschaffen. Es gelang ihm, dem k. k. Kriegsarchiv
als wirklicher Hauptmann zugeteilt zu werden. Am r. Dezember 1847 wurde
er als Adjunkt an der Kriegsbibliothek angestellt. Sein Haus war, wie Wurz-