Juu
freierer Gestalt in sein Recht
und verstand durch beweg-
lichen Putzbau eine Anpas-
sung an das monumentalere
Stadtbild zu erzielen; viele
Reminiszenzen an mittel-
alterliche Gesellschaftsein-
richtungen, an das zünftige
Handwerk, an die Handels-
interessen und religiösen
Übungen finden sich im ba-
rocken Wohnhaus erhalten
und dem Rahmen des deko-
rativen Schmuckes glücklich
eingefügt.
Erst das XIX. Jahrhun-
dert hat dieser Fortsetzung
der alten Überlieferungen ein
Ende bereitet. Sein Beginn
war für das Bürgerhauswert-
voll; sein Verlauf allen ein-
gebornen Traditionen tödt-
lich. Der internationale theo-
retisch-wissenschaftliche Zug
der Zeit war bemüht, einen
künstlerisch befriedigenden
Ausdruck der gesteigerten Ansprüche zu finden. Das rapide Wachsen des
Verkehrs, die rasche und einschneidende Änderung der Bedürfnisse verhin-
derte aber eine stetige und ruhige Weiterentwicklung. Konsortien traten an
die Stelle des Einzelbürgers, das Zinshaus mit Palastfassade verdrängte das
Wohnhaus.
Große Flächen gelangten mit einem Schlag zur Verbauung, Straßen- und
Niveauregulierung gründlicher Art kamen an die Tagesordnung. Die Surrogat-
technik und maschinelle Erzeugung der Hilfsmittel gelangte zur Herrschaft.
Die ehrlichen Bestrebungen hervorragender Künstler, einsichtiger Kunst-
freunde, dem bürgerlichen Wohnhaus seinen Boden zu retten, sind fast gänz-
lich wirkungslos geblieben; erst in allerjüngster Zeit hat die Ausdehnung
entwickelter Verkehrsmittel bis an die Peripherie der Stadt das Interesse
wohlhabender Kreise vom Zinshaus wieder etwas abzulenken und dem
Einzelwohnhaus zuzuwenden begonnen.
In dieser Zeit ist das Wiener Vorstadthaus wieder entdeckt worden.
Ermüdet von dem falschen Prunk, den unwohnlichen Grundlagen der Miet-
kasernen, hat man dem bescheidenen, wenig beachteten kleineren Hause
wieder Beachtung geschenkt, das für sehr einfache Lebensbedingungen
Wien, Hofansicht aus der Neubaugasse