Abb. 31. Garden Suburb Hampstead. Ansicht eines Wohnhofes mit zwölf Klein-Wohnhäusern, im närdlichen Teil
(Siehe Abb. 4, Plan rr)
Bei alten Städten sind die I-Iauptverkehrsadern (Eisenbahnlinien aus-
genommen) noch heute durch die Einmündung von weither führender
Straßen bedingt. Das war hier nicht der Fall.
Die Sache ist anders gelagert, wenn eine planmäßig angelegte Neu-
siedelung in gar keine Verbindung mit vorher auf dem gleichen Terrain
Vorhandenem zu treten hat, wenn ferner keinerlei Verkehrsinteressen
bedeutender Art, zum Beispiel gute Verbindung von Fabriken, Depots,
Magazinen und so weiter mit Verladeplätzen ihre Berücksichtigung finden
müssen. Wenn weiter keinerlei Rücksichtnahme außer jener, vorhandene
Baumvegetation zu schonen, der Ausbildung der Gesamtlage zwecks aus-
giebiger Besonnung im Wege steht, die Anlage breiter Verkehrslinien
lediglich im Sinne der zu schaffenden Anlage selbst erfolgt und nur etwa
vorüberführende, nicht einmündende ältere Straßenzüge als Aufnahmelinien
zu ziehender Wege in Betracht kommen, die Ausdehnung der Siedelung
interpreten selbst nicht recht genau. was darunter zu verstehen sei; sie ließen sonst offenbar nicht so viel unge-
reimtes Zeug unbeanstandet passieren. Übrigens gibt dies Kapitel fast überall Veranlassung zu berechtigten
Klagen. Was ist nicht in der Nähe Wiens alles durch die Stadterweiterung zugrunde gerichtet worden! Und
wie wenig zur Landschaft passend zeigen sich die meisten, ganz mit Unrecht als „Cottageanlagen" bezeichneten
Quartiere! Theodor Fischer hat in einem vortrefflichen Vortrag (Stadterweiterungsfragen mit besonderer Rück-
sicht auf Stuttgart, Verlag der Deutschen Verlagsanstalt xgo5) den Bewohnern der schwäbischen Metropole
darüber ein Lied gesungen. Geradezu gräulich aber scheint es um das künstlerische Empfinden der Bauhehörden
in Bern zu stehen. Und wenn man in Basel das der neuen Rheinbriicke vorgelagerte neue plumpe und unschöne
Blnkgebäude, wenn man in Breslau den in den allerletzten Jahren so ziemlich komplett verhunzten Ring (den
Platz um das alte. prächtige Rathaus), wenn man in Dutzenden anderer Städte den horrendesten Unsinn und Un-
geschmack sich unbehindert an Stelle köstlicher alter Städtebilder niederlassen, ja sich breit machen sieht, so
muß man wirklich annehmen, daß ein gut Teil der in solchen Dingen maßgebenden Persönlichkeiten entweder
mit Blindheit geschlagen oder aber jeder feineren Überlegungsmöglichkeit vollständig entrückt sei.
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