Dem Freunde japanischer Kunst bot sich in der Sammlung von Richard Salomonsen
eine interessante Gelegenheit, einen speziellen Zweig ostasiatischer Kunst in reicherVaria-
tion zu studieren, die Lackschalen für den Reiswein, die Sakazuki.
Auf diesen Trinkgefäßen, die meist im Satz von dreifach abgestufter Größe auf einem
gleichfalls lackgemalten Ständer ruhen, läßt sich die dekorative Motivsprache Japans in
mannigfachen Spielarten beobachten.
Goldaderig im roten Fond erscheint die Zierschriü. Sie bringt Naturmotive oft als
Serie über den Ständer und die drei Teller verteilt, so den Reisbau mit dem windbewegten,
halmigen Feld, dem Säen und Ernten, dem Fortschleppen der großen Säcke durch groteske
Dickwänste, die den derben Lastträgertypen der naturalistischen Holzschnitzerei gleichen.
Interieur-Ausschnitte spiegeln sich mit Ausblicken auf den F ujiberg, auf Blütenbäume,
auf die See im Sonnenuntergang mit den Silbersegeln der Boote.
Tierskizzen zeigen fabelhafte Lebendigkeit: Kraniche im Flugstrich, mit beobachtungs-
echten, lang abgestreckten drahtigen Beinen, ferner Hähne mit ihrem für die Lacktechnik
so dankbaren Schillergefieder, Schildkröten, die langes Leben bedeuten, Affen, die der
Mythologie nahestehen.
Auch die Götter kommen selbst, vor allem die fröhlichen Geister aus dem glück-
haften Schiff, das die sieben Glücksgottheiten trägt. Gerade ihre vergnügtesten Gestalten
lassen sich zu den Trinkschalen nieder, Fukurokuju mit dem zuckerhuthohen Überkopf
und Daikoku, der Dickbauch, der Genius der Agrarier, in dessen Schutz die Landwirtschaft
gegeben ist, und der Reissäcke, vollgemästet wie sein Wanst, mit sich trägt.
Natürlich denken die Schalen auch ihrer Allemächsten, der Dämonen des Reis-
trankes. Elementarwesen, östliche Vettern unserer Blocksberghexen sind es. Walpurgishaft
tummeln sie sich in wildem Tanz und schwingen dazu die langen Schöpfkellen. Drolliger-
weise sind diese Alkoholteufel aber im Grunde Meergeschöpfe, also nicht nur wein-,
sondern auch seefest.
Nikola Perscheid hat einen Ruf nach Wien erhalten. Das gibt erwünschte Gele-
genheit abzuschätzen, was er uns bedeutet und uns wert ist. Wenn man in seinem
Studio hoch über allen Wipfeln der Bellevuestraße mit weiten Hallen, stillen Plauder-
winkeln, geheimnisvollen Hexenküchen, wo die Platten, in magisch leuchtenden rosa
Wassern schwimmend, höchste Lichtempiindlichkeit erwerben, die Ausstellung seiner
Bildnisse betrachtet, so genießt man die lebendigsten Stunden. Diese Galerie gibt eine Aus-
lese der menschlichen Gesellschaft in frappant erfaßten Persönlichkeiten. Eine Stände- und
Temperamentsrevue tut sich auf voll sprechender Gegenwart. Sie sind empfangen und
gebannt im ausdrucksstärksten Augenblick, da, als sie sich am „ähnlichsten" waren. Die
scharfgeschuittenen Züge und hellwittrigen Augen der Freiluftmenschen, der Jäger und
Soldaten blicken uns an und das konzentrierte, von inneren Gewalten überschattete Antlitz
von Künstlern und Denkern. Und in einem Kopf von dämonischer Wesenheit erfüllt sich
diese Dreiheit: der Künstler, der Denker, der Jäger mit dem zupackenden Raubtierblick,
im Kopfe Max Liebermanns. Grand-Seigneurtum in freier Selbstsicherheit und die kühle
distanzierte Lebensklugheit in der verschlossenen, schmallippigen Physiognomie eines
großen Handelsherrn verkündet sich nicht weniger charakteristisch als die faltenschwere
weihevolle Würde eines Kirchenfürsten mit gebietender und zugleich der Segenspende
gewohnter Hand, als die gütevolle Menschenkindlichkeit in dem deutschesten Altmeister-
gesicht Hans Thomas, als die begierige geistige Regsamkeit, das unersättlich Wünschende
in Blick und Mund Max Reinhardts. Und Frauenbilder stehn und sehn dich an: große Damen,
Weltkinder, Träumerinnen, freiwüchsige blutvolle frische Töchter des Sportzeitalters in
Luft und Sonne. Mit sicherem Takt und sicherer Erkenntnis werden sie alle aus ihrer
inneren Form heraus erfaßt und in den ihnen gemäßen Stil zur äußeren Darstellung gebracht.
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