endlosen Klagen über schlechte Bereitung, ja gewissenlose Verfälschung der gegenwärtig
in der Maltechnik verwendeten Körper.
Die Frage, in welcher Weise den aus solchen Zuständen sich ergebenden Übeln
abgeholfen werden könne, wurde im Laufe der Zeit tausendfältig erörtert. Es fehlte nicht
an Bemühungen einzelner und gesellschaftlich Vereinigter, die Kenntnisse dieses Gegen-
stands zu erweitern und zu vertiefen, in wissenschaftlicher und praktischer Richtung alles
der Sache Dienliche festzustellen und zu verwerten.
Solche Bestrebungen waren in der Tat von Nutzen und ließen für die Zukunft das
Beste hoffen. Freilich nur unter der Voraussetzung, daß die Künstler von dem Wert
rationeller Behandlung des chemisch-technischen Teiles ihrer Aufgaben überzeugt werden
konnten, also von ihrer Seite Verständnis und Entgegenkommen zu erwarten war. Leider
fehlten diese Bedingungen nur zu oft. Gar viele Künstler äußerten ihre Bedürfnisse nur als
subjektive Wünsche, oft genug nur als Forderungen negativer Art. Ihren Begehren wurde
von der Industrie in geschäftiger Weise entsprochemauch ohne jede Rücksicht auf schäd-
liche Folgen. Da konnte nun die Verwirrung nicht ausbleiben. Wer weiß denn heutzutage
noch, mit was er malt ? - Wie viele gibt es denn auch, die sich wenigstens des Rates
und der Beihilfe Berufener und Vertrauenswerter versichern?
Hier kann wieder nur Eines helfen: Verbreitung des Wissens.
In solcher Absicht wurde von berufenerKraft ein in neuerer Zeit erschienenes umfang-
reiches Werk geschaffen. Es bietet dem Unerfahrenen einen Ausblick über das weitver-
zweigte Gebiet der maltechnischen Materialienlehre in dem der Gegenwart entsprechenden
Umfang, doch mit Berücksichtigung der Praxis vergangenerZeiten. Im Sinne eines solchen
Programms finden wir dem Hauptinhalt des Werkest einen propädeutischen Teil vor-
gesetzt, der in gedrängter Kürze das Wichtigste der Chemie und eine Farbenlehre in phy-
sikalischem Sinn enthält sowie eine motivierte Terminologie. Hieran schließt sich ein
besonderes Kapitel über Anforderungen allgemeiner Art, die man bezüglich der Malerfarben
zu stellen genötigt ist. Es folgen Darstellungen der wichtigsten physikalischen und
chemischen Prüfungsmethoden der verschiedenen Materialien mit Anwendung einfacher
Mittel, wie solche auch dem Laien ohne besondere Schwierigkeiten zugänglich zu machen
sind. Hier wird schon auf die Bedeutung der Normalfarben der deutschen Gesellschaft
zur Förderung rationeller Malverfahren hingewiesen, wobei freilich zu bedauern ist, daß
eine Normalaufstellung bezüglich der Brauchbarkeit der verschiedenen Pigmente mit Rück-
sicht auf die Malweisen (Fresko-, Öl-, Aquarell-Malerei und so weiter) gegenwärtig noch
immer aussteht.
Die wichtigsten Eigentümlichkeiteu dieser Malverfahren werden in den beiden Haupt-
teilen des Buches erörtert; in der Abhandlung über die bis zur Gegenwart verwendeten
Farbstoffe (wieder mit besonderer Berücksichtigung der von der oben genannten Gesell-
schaft aufgestellten Normalfarben) und die überaus zahlreichen Materialien, die bei der
Herstellung der Malgründe, der Bindemittel sowie als Schutz- oder Verschönerungsüber-
züge der Malereien in Betracht kommen.
Einzelne Abschnitte sind als umfangreiche Einschaltungen und Zusätze praktischen
Auseinandersetzungen gewidmet, die zusammen eine Heilkunde der Gemälde darstellen,
deren prophylaktischer und therapeutischer Teil nicht nur dem Maler, sondern auch jedem
Freund der Malerei von Nutzen sein dürfte.
Daß bei dem so bedeutenden Umfang des behandelten Gegenstands eine erschöpfende
Darstellung ausgeschlossen ist, kann wohl als selbstverständlich angenommen werden.
Gleichwohl hätte vielleicht, namentlich mit Rücksicht auf den unvorbereiteten Leser,
manches ausführlicher erklärt sein können. Auch das Literaturverzeichnis läßt eine Ver-
mehrung wünschenswert erscheinen. So zum Beispiel wäre, abgesehen von weniger
' Materialienkunde als Grundlage der Maltechnik. Von Dr. A. Eibner. Berlin, julius Springer, xgog,
Cum-B", 480 S.