Nr. 12.
Neubauten und Concurrenzen in Oesterreich und Ungarn.
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Construction in der Fagade zum Ausdruck gelangen
werde, wobei der figuralen und monumentalen Decoration
noch genug Spielraum verbliebe.
Die geistreichen Ausführungen des Vortragenden
erweckten den lebhaften Beifall des sachverständigen
Auditoriums, das wohl durchaus der Meinung war. dass
auf den angedeuteten Wegen Vieles für eine modernere
Gestaltung und wohnlichere Ausgestaltung des Wiener
Wohnhauses erreichbar sei und in Zukunft auch werde
erreicht werden.
Der Hausschwamm und andere Krankheiten der Bauhölzer.
Ueber dieses Thema hielt Prof. Dr. Sorauer, wie wir der
»D. Tischler-Ztg « entnehmen, in der Berliner Gewerbe-Ausstellung 1896
einen Vortrag, aus dem wir Folgendes anführen:
Fragen wir, wie es möglich ist, dass man trotz der grossen
Fortschritte auf anderen Gebieten des Bauwesens hier noch nicht
weiter gekommen ist, so liegt der Grund hiefür wohl zunächst in
dem Mangel an Erkenntniss der Eigenthümlichkeiten des Schwammes,
und diese ist nöthig zu einer rationellen Bekämpfung des Uebels.
Betrachtet man die Entwicklung des Hausschwammes, so sieht
man zunächst ein weisses Geflecht, bestehend aus einer Menge von
flockig aussehenden Fäden, vielfach verästelt, sich über das inficirte
Stück Holz in mehr oder minder schnellem Wachsthum ausbreiten.
Diese Fäden bestehen aus kleinen Röhren mit einzelnen, durch zur
Längsrichtung des Fadens senkrecht stehende Scheidewände abgetheilten
Zellen. Man nennt das Geflecht das Mycel des Pilzes. Es besorgt seine
Ernährung. Der Hausschwamm ist nach seiner Gestaltung verwandt
mit dem Champignon, dem Consolschwamm und anderen. Keiner von
diesen Pilzen vermag seine Nahrung direct aus dem rohen Boden zu
ziehen, es bedarf dazu vielmehr erst einer gewissen Zersetzung der Pro-
ducte; ausserdem finden sie sich an lebenden Pflanzen, wie z. B. dem
Rostpilz am Getreide. Auch der Hausschwamm kommt im FTeien oft
ausserordentlich reich entwickelt vor, so dass er also nicht als Product
der Natur oder vielmehr der diese begleitenden Missstände bezeichnet
werden kann, das nur in Wohnungen oder Häusern zu finden wäre.
Seine Fruchtlager sind wie die des Champignons gebildet. Er bildet
polstrige Watten, in deren Zellen an feinen Härchen die Sporen meist
zu Vieren sitzen. Diese Samen bilden dann eine braune, pulverige
Schicht.
Unter gewissen Nährbedingungen wachsen diese Samen (Sporen)
auf dem Holz, auf welches sie übertragen werden, indem jeder Same
einen Strang aussendet. Dieser durchbricht von der Seite die ihm auf
seinem Wege entgegenstehenden harten Zellenwände des Holzes und
saugt den in den Zellen enthaltenen Feuchtigkeitsstoff auf, oder er
geht, wenn er in eine solche Bahn hineingelangen kann, dem Saftwege
im Holze nach und gelangt hier natürlich viel leichter und schneller zur
Verbreitung. Das angegriffene Holz wird rauh und mürbe. Ja, die
Wirkung beschränkt sich nicht nur auf die vom Schwamm erreichten
Zellen, sondern äussert sich saugend auch schon im voraus auf die
Umgebung, da der Bedarf an Feuchtigkeit für die Ernährung des
Schwammes ein sehr grosser ist.
Demnach ist Feuchtigkeit die erste Bedingung zum Gedeihen
des Schwammes. Seine Ernährung wird auf feuchtem, nicht genügend
ausgetrocknetem Holz erleichtert, und bei unseren Neubauten kommt
eben vielfach frisches Holz zur Verwendung, zu dessen Austrocknung
auch die hie und da angestellten Trockenversuche kaum hinreichen.
Vor Allem ist man in der Auswahl des Holzes lange nicht vorsichtig
genug. Durch die Arbeitstheilung, durch das Eintreten der Zwischen
händler ist den meisten Bauenden das Verständniss verloren gegangen
für die wichtige Zeit zum Schlagen des Holzes. Wer fragt denn heute
in der Gressstadt noch danach, wann das vom Holzhändler auf den
Bau gelieferte Holz geschlagen ist, und wie Viele machen sich den
Unterschied klar, welcher in Bezug auf Widerstandsfähigkeit bei Hölzern
desselben Bestandes und gleicher Güte lediglich nach der Jahreszeit,
in der sie geschlagen sind, zu beobachten ist? Und doch ist die
Differenz eine ganz ungeheure.
Bei Abschluss der Vegetation zu Beginn des Winters sind die
Säfte, in Stärke und Harz umgesetzt, in festem Zustande im Stamme
aufgespeichert, der Wassergehalt demnach nur gering. Ein grosser
Theil der Lebensstoffe liegt in Ruhe im Zellengewebe. Mit dem Be
ginn des Frühjahres, schon im F'ebruar, werden alle Lebenskräfte durch
die Sonne wieder mobilisirt. Die Zellen erhalten immer mehrP'lüssigkeits-
zufuhr, die Säfte pulsiren, die Stärke wird in Zucker umgesetzt.
Natürlich ist der Baum infolge dessen jetzt weniger fest in seinem
Gefüge und zugleich für den Pilz, der den Zuckergehalt liebt, nahrungs
reicher als im trockenen Zustande. Es ist demnach von ganz gewal
tiger Bedeutung, wann das zu verwendende Holz geschlagen wurde.
Dazu kommt aber ferner noch die Wasserzufuhr während des
Baues (im Mörtel u. s. w.), die bedeutend grösser ist, als man sich
dies gewöhnlich vorstellt. Es bedarf daher schon ziemlicher Zeit, ehe
diese Mengen von Feuchtigkeit aus dem Bau entfernt sind, und erst
dann vermag eine Austrocknung der Balken etc. auf natürlichem Wege
vor sich zu gehen.
In den Gressstädten hat sich deshalb bei den Miethskasernen
das Institut der »Trockenwohner« herausgebildet, kleine Leute, die
das erste Jahr die noch feuchten Räume zu ermässigten Preisen
beziehen und nun austrocknen helfen sollen. In der Wirklichkeit
geschieht dies Austrocknen aber nur theilweise, da diese Mieths-
parteien gewöhnlich an der Heizung nach Möglichkeit sparen und
schon aus diesem Grunde die vor Allem unerlässliche, möglichst aus
giebige Lüftung unterlassen. Dann kommt Küchen- und Waschboden
dazu, Wärme an einzelnen Stellen in Verbindung mit Mangel an
Ventilation, stellenweise auch Unsauberkeit, und so sind alle Vorbe
dingungen gegeben nicht nur für alle möglichen Krankheitserschei
nungen bei den Bewohnern, sondern auch für eine üppige Entwick
lung der etwa vorhandenen Schwammkeime. Deren Einschleppung
vollzieht sich aber ausserordentlich leicht. Der winzig kleine
Same mit dem Härchen, an dem er sitzt, haftet überall leicht an. Er
wird in den Kleidern, ja an den Werkzeugen der Arbeiter, wenn
diese auf einem mit Schwamm behafteten Bau waren, herumgetragen.
Er ist vielleicht schon vom Walde aus mit dem Holze hereinge
schleppt worden oder wird mit altem Material von einem anderen Bau
in den Neubau übertragen. Denn in einem vom Schwamm durchseuchten
Hause kann Alles inficirt sein: der Schutt, das Holz, die Ziegel.
Vielfach ist ja auch eine Schwammcultur in beschränktem Umfange
vorhanden, die gar keine Beachtung findet, aber durch das Hinzu
treten gewisser Umstände eine verheerende Ausbreitung gewinnen oder
als Ausgangspunkt für andere Herde dienen kann. In die Neubauten
wird der Hausschwamm auch sehr oft dadurch hereingeschleppt oder
im Wachsthum befördert, dass zu den Schüttungen der Zwischendecken
Schlacken oder Asche, Kies u. s. w. verwendet werden, welche durch
längeres Lagern im Freien der Verunreinigung durch Excremente,
Pflahzenkeime u. dgl. ausgesetzt gewesen sind.
Der Hausschwamm ist nicht der einzige, aber, soweit bekannt,
der gefährlichste Feind; ein ebenfalls schädlicher Pilz ist z. B. der
Lemietes abietina Fries, der hauptsächlich am Fichtenholz vorkommt.
Alle übrigen Pilze stehen an Schädlichkeit hinter diesen weit zurück.
Es gibt ausserdem viele, die wohl das lebende Holz angreifen, aber
weniger das Bauholz. Zu diesen gehört der Halimasch, von den F’orst-
leuten der Herdkrebs genannt von den grossen kahlen Stellen, die
seine Thätigkeit im Forste zurücklässt. — Die Feststellung der Krank
heiten ist oft mit blossem Auge und ohne eingehende Untersuchung
unmöglich, da selbst ein ganz gesund aussehender Stamm allerhand
Krankheiten bergen kann. Der Stamm zeigt im Querschnitt dunkle
und helle Kreise, die Jahresringe, aus denen der Fachmann das Alter
anzugeben und auch die Lebensgeschichte des Baumes abzulesen ver
mag. Die Fläche setzt sich, soweit der Baum ein regelmässiges Wachs
thum und eine genügende Ernährung gefunden, aus gleichmässig ge
bildeten, meist rechteckigen, dickwandigen Zellen zusammen. Haben
irgendwelche Störungen in der Entwicklung stattgefunden, so finden
sich an den in dieser Zeit angesetzten Zellen ungleichmässige Bil
dungen, dünnwandige Zellen, mit Harz ausgefüllte Lücken. Kommt
ein Pilz hinein in diese Gänge, so findet er einen bequemen Weg
für seine zerstörende Weiterbildung. Solche Stellen sind von aussen
nicht zu bemerken, die Festigkeit und Gesundheit des Holzes daher
von aussen nicht zuverlässig zu beurtheilen.
Der Vortragende zog aus dem Vorhergehenden die Schluss
folgerung, dass zur wirksamen Bekämpfung der Krankheiten unseres Bau
holzes, vor Allem des Hausschwammes, in erster Linie eine bessere
Controle der Hölzer nothwendig erscheine. Diese müsse, wie schon
im Vorausgehenden nachgewiesen sei, eingehender ausgeübt werden
als bisher, indem an Stelle des Hammers das Mikroskop als Unter
suchungsinstrument trete. Für die Bekämpfung aber könne er als erstes
und bis jetzt zuverlässigstes Mittel nur eine genügende Austrocknung der