Tnfernafi'onale
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
25. Jahrgang Wien, 1. Juli 1933 Nr. 13
Die Wipa.
Die Augen der philatelistischen Welt sind in
diesen Tagen auf Wien gerichtet, wo die Inter
nationale Postwertzeichen- Ausstel-
1 u n g, vulgo WIPA abgehalten wird. Tausende
von Philatelisten aus allen Ländern der Erde weilen
derzeit in der österreichischen Bundeshauptstadt,
um die Ausstellung, die sich als die größte Brief
markenausstellung repräsentiert, die bisher jemals
veranstaltet wurde, zu sehen und was in diesem
Falle fast gleichbedeutend ist, zu bewundern.
Es ist schwer, in dem knappen Rahmen eines
Artikels einen Ueberblick über die Reichhaltigkeit
dieser Exposition zu geben, die seit zwei Jahren
sehr sorgfältig vorbereitet worden ist. Pars pro toto
— einige Hinweise mögen genügen!
Den stärksten Anziehungspunkt bilden die zwei
Tresors, in denen die Inkunabeln der Philatelie auf
bewahrt sind, Da sind die beiden altösterreichischen
roten und blauen Merkurmarken, die der New-
Yorker Sammler Lichtenstein beigestellt hat,
da die drei Skilling Schwedens, gezähnt und ge
schnitten, die aus der Sammlung R a m b e r g in
Göteborg stammen, der Tete beche-Druck der
österreichischen 2 Kreuzer gelb, welche wie der
Fehldruck der 3 Kreuzer Oesterreichs die gedrittelte
3 Kreuzer auf Brief und der blaßlila Kehrdruck der
österreichischen Zeitungsmarke vom Chef des Wie
ner Bankhauses Rothschild, Baron Louis R o t h -
schild, zur Verfügung gestellt wurden. Diese
Stücke wurden bisher noch nie in Oesterreich ge
zeigt.
Nicht weniger interessant als diese Tresors sind
die zahlreichen auf den Schauflächen untergebrach
ten altitalienischen Raritäten, Altdeutschland, Skan
dinavien, Weniger Verständnis dürften bei den der
Philatelie Fernerstehenden die reichen nord- und
südamerikanischen Staatenausstellungen finden, aber
auch hier sind fast unabschätzbare Werte seltenster
Art zur Schau gebracht, die nur von den englischen
Kolonien übertroffen werden.
An den Ausstellungsflächen im ersten Stock des
Künstlerhauses sind seltene Altdeutschland und
sehenswerte Detailsammlungen placiert. Daneben
findet man hier wissenschaftlich bearbeitete Spezial
sammlungen, die den Kenner in Staunen setzen, dem
Laien einen Begriff von der Ausdehnung und dem
Umfange der Philatelie zu geben vermögen.
Eine Attraktion bildet die Raritätenschau des
Wiener Briefmarkenhauses F r i e d 1. In einfachen
Wandkasten werden da ungeheure Seltenheiten ge
zeigt, rote Merkure, die seltensten Marken der
Schweiz, Altitaliens und große Blockstücke der 1
Kreuzer schwarz von Bayern, Hannover IO 1 Groschen
und als wertvollstes und seltenstes Stück, allerdings
unverkäuflich, ein 49er Block der ersten blauen
Norwegen, ein bisher unbekanntes Stück.
Der Schaubeck - Briefmarkenalbenverlag
zeigt in seinem Ausstellungsstand die auch in Wien
bestens bekannten Schaubeck-Alben, deren größter
Vorzug die jeweilige Ergänzungsmöglichkeit auf den
Stand des Tages ist. Schaubeck lehrt, wie man die
auf der „Wipa“ gezeigten Seltenheiten und Sammler
objekte aufzubewahren hat.
Im A.usstellungsgebäude der Sezession wird
der Druck österreichischer Briefmarken von Schau
lustigen umlagert und täglich werden tausende
,,Wipa“-Merkur-Bögen zur Erinnerung gekauft. Eben
so begegnet der Wertzeichenaufdruck der Staats
druckerei lebhaftem Interesse.
Die Ausstellung des Liechtensteinschen
Postmuseums gibt eine Entwicklung der Briefmarken
des Fürstentums wieder. In den letzten Jahren hat
sich nun Liechtenstein von den bisherigen Wegen
der Briefmarkenkunst entfernt und bringt von der
Hand des Wieners Hermann Clemens Ko s ei ge
schaffene moderne Briefmarken in Kupfertiefdruck
ausführung. Es zeigt sich in dieser Schaustellung :n
eindrucksvoller Weise, in wie hohem Maße die Brief
marke Kunstobjekt und zugleich wirkungskräftiges
Fremdenverkehrspropagandamittel sein kann,
Ungarn zeigt aus den Beständen des seit 1930
bestehenden Postmuseums eine reiche Zahl von Ent
würfen und Probedrucken, beginnend bei der Aus
gabe von 1870 bis 1932, Innerhalb dieser Ausstellung
ist die im Besitze des ungarischen Postmuseums be
findliche .bekannte Sammlung Poppovits bemer
kenswert.
Die T schechoslowakei führt die Ent
wicklung ihrer Briefmarken seit 1918, Druckplatten
für den Ganzstahlwalzendruck vor, Die Schwei-