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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1866 / 4)

dahin gekommen, dass uns heute in der Goldschmiedekunst nur noch der 
blanke Glanz des polirten Metalls erfreut, und dass wir, um doch Varietät 
hineinzubringen, zu allerlei dummen Formen und Einfällen unsere Zuflucht 
nehmen müssen. 
Die neuesten reformatorischen Beweglmgen auf dem Gebiete der 
Kunstindustrie richten daher mit vollem Recht wieder ihre Aufmerksamkeit 
auf das theils vernachlässigte, theils vergessene Email, und wir haben bereits 
Versuche gesehen, es in seinen verschiedenen Arten wieder in Aufnahme 
zu bringen. Intelligentere Goldschmiede, wie z. B. Ratzersdorfer in 
Wien, haben zur malerischen Verzierung von Groldschmied- und Juwelier- 
arbeiten feinster Art das „durchscheinende Email" des 16. und 17. Jahr- 
hunderts  Die Franzosen haben ihr eigenes Limoges-Email des 
16. Jahrhunderts, das Maleremail, wieder aufgenommen und in Weise der 
Limosiner Künstler Gefasse mit {igurenreichem Schmuck hergestellt, die 
ohne Frage als gelungen zu betrachten sind. In beiden Fällen ist es aber 
im Grunde bei der Imitation geblieben, wozu noch kommt, dass die Ge- 
fässe der letzteren Art reine Ziergefasse sind, da ihre Weise eine höchst 
delicate, leicht zerbrechliche ist. 
Am folgenreichsten und praktischsten zugleich hat sich bis jetzt die 
Wiederaufnahme des s. g. Email champlevä oder Grubenschmelzes bei den 
kirchlichen Gefassen gezeigt, und es haben diejenigen Künstler und Geist- 
lichen, welche auf eine Reformation der kirchlichen Getässknnst und Para- 
mentik nach mittelalterlichen Vorbildern dringen, wie überhaupt, so auch 
in dieser Beziehung unleugbare Verdienste sich erworben. Es scheint aber, 
als ob die Ueberuagung dieses wieder erneuerten Gmbenschmelzes auf ' 
Arbeiten tiir den weltlichen Gebrauch, theils allerdings in der mangelnden 
Intelligenz der Goldschmiede und Bronzefabxikunten, theils in den ver- 
hälmissmässig hohen Kosten der Herstellung ein Hinderniss gefunden hätten. 
Diesem letzteren Umstande ist durch einen glücklichen Gedanken ab- 
geholfen werden. Das Mühevolle an der bisherigen und alten Art des 
Email champlevd war die Ausgrabung der Vertiefungen, welche für Auf- 
nahme der Schmelzmasse bestimmt sind, durch den Grabstichel, was ins- 
besondere bei Bedeckung grösserer Flächen viel Arbeit erforderte. Eine 
Reihe neuester Gegenstände, welche gegenwärtig im österreichischen Mu- 
seum ausgestellt sind, lehren, dass diese Arbeit des Grabstichels durch Aus- 
schlagen mit der Stampiglie ersetzt werden kann. Der Vortheil, der da- 
durch erreicht wird, besteht aber nicht hlos in der Ersparung dieser Ar- 
beit, sondern was die Stampiglie an diesem einen Stück leistet, das kann 
sie zugleich an einer beliebigen Anzahl anderer volltiihren. So ist in Wahr- 
heit der malerisch-farbige Schmuck tiir die feinere Metalltechnik wieder- 
gewonnen und selbst in seiner Anwendung iiir moderne Massenfabrication 
verwendbar gemacht. 
Die Gegenstände, welche uns zu diesen Bemerkungen Veranlassung 
gegeben haben, bestehen in der s. g. Garnitur eines Schreibtisches aus ver-
	        
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