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Abb. 7. Römerstraßen-Quartier
gewissen Grade wenigstens, jene skrupellose Verschuldungsanhäufung, die
nachgerade zur Regel geworden ist und mit der Zeit eine allgemeine
Schwächung finanzieller Leistungsfähigkeit nach sich ziehen wird. Nur
wenige Städte können sich gleich günstiger Verhältnisse rühmen wie Ulm
es kann. Kluge Voraussicht hat sich da glänzend bewährt. Mit Rücksicht
darauf, daß die an die bisher bestehenden Festungswerke anstoßenden
Privatgrundstücke durch Niederlegung der Wälle bedeutend an Wert
gewannen, mithin der Fall unverdienten Wertzuwachses hier vorliege, erbat
und erhielt der Ulmer Magistrat das Recht zur Erhebung einer berech-
tigten Zuwachssteuer. Auch darin dokumentiert sich die rationelle Boden-
politik des Gemeinwesens. In ungezählten andern Städten läßt man den
durch ähnliche oder verwandte Verhältnisse geschaffenen Wertzuwachs
sozusagen unbesteuert in die Taschen bereits wohlhabender oder reicher
Bodenbesitzer abfließen und schafft neue Erträgnisquellen für den Steuer-
säckel durch eine ständig steigende Mehrbelastung der unteren und Mittel-
klassen. Bekanntermaßen fiel der Antrag einer Reichs-Wertzuwachssteuer
bei den seltsamen Vorgängen, die man in Deutschland „Reichsfinanzreform"
nannte, durch, wohl aus den gleichen Gründen, welche die Erbanfallsteuer-
projekte in den Orkus wandern ließen.
Zahlen sprechen deutlicher als alles andere für oder wider die rechne-
rische Richtigkeit von Unternehmungen. Das vorliegende Beispiel zeigt, was
zu erreichen ist, wenn die allein bestimmende Rücksichtnahme auf das Wohl
der Allgemeinheit als „suprema1ex" gilt. Leider ist das nur an recht wenigen
Orten der Fall. Verwerfliche Interessengemeinschaft hat vielenorts maß-
gebende Stellen davon abgehalten, der Terrainspekulation durch eigenes