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Volltext: Monatszeitschrift XII (1909 / Heft 8 und 9)

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SIAATSHERALDIK so- VON H. G. STRÖHL- 
MODLING sc- 
NTER Staatsheraldik versteht man die Lehre von 
dem auf historischer Grundlage fußenden Aufbau 
und der fachgemäßen Durchbildung heraldischer 
Symbole eines Staates, also in erster Linie die 
Lehre von den Reichs-, Provinz- und sonstigen 
Gebietswappen eines Staates. Die Flaggen und 
Fahnenbilder sowie die weiteren Embleme, wie 
etwa Bilddevisen, Badges und so weiter kommen 
dabei erst in zweiter Linie in Betracht. Man sollte 
nun glauben, daß jeder Bürger eines Staates mit 
den symbolischen Zeichen dieses seines Staates, seiner Heimat wohl vertraut 
sei, weil er diese Symbole auf den Münzen und Geldnoten mit sich herumträgt, 
sie auf den Schildern der Ämter und auf den Drucksachen täglich zu sehen 
bekommt, als Militär sie auf der Fahne oder Flagge, auf der Kopfbedeckung 
und andern Bestandteilen seiner Ausrüstung stets vor sich hat _ aber merkv 
würdigerweise ist dies nur sehr selten der Fall. Das Staatssymbol ist den 
meisten Leuten eine vollständige Terra incognita, der sie auch nicht das 
geringste Interesse entgegenbringen. Unter Hunderten ist kaum einer, der 
das Staatssymbol sich je einmal näher und eingehender betrachtet hat und 
es von einem ähnlich geformten fremden Staatssymbol unterscheiden könnte. 
Wer diese beschämende Tatsache in Zweifel ziehen möchte, mache nur 
einmal zum Beispiel in Österreich eine Probe mit dem kleinen russischen 
Staatswappen, das dem österreichischen im Aufbau ziemlich ähnlich ist, und 
er wird sich überzeugen, daß, namentlich wenn das Wappen bloß im Schwarz- 
druck vorliegt, nur sehr wenige Leute die von dem Wappen der Heimat 
abweichende Gestaltung erkennen werden. 
Es ist hier nicht der Ort, sich eingehend über das mannigfaltige Detail 
der Staatsheraldik auszulassen, aber einiges über dieses Thema möge doch 
vorgeführt werden, das speziell für den in der Praxis stehenden Künstler 
und Kunstgewerbetreibenden von Interesse sein dürfte, weil besonders die 
Letzteren, namentlich Dekorationsmaler, Zeichner und Lithographen, Bild- 
hauer, Ziseleure und Graveure etc. sehr häufig mit den Staatssymbolen der 
Heimat und der Fremde zu tun bekommen und es vielleicht doch nicht so 
ganz nutzlos sein wird, wenn von einem, der sich fast ausschließlich diesem 
Zweige der Heraldik gewidmet hat, ein orientierender Überblick über dieses 
Gebiet der alten Heroldskunst geboten wird, über ein Gebiet, dem immer 
wieder Neues entwächst, so lange auf Erden Staaten bestehen, neue sich 
bilden werden. 
Ohne Staatssymbol findet eben heute kein Staat für längere Zeit sein 
Auskommen, er muß seine Existenz durch irgendein farbiges, den Augen 
sichtbares Merkmal dokumentieren. Einen Beweis dafür gibt uns Frankreich, 
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