420
uns die ganze Geschichte der Kunst, ob es sich nun um Mittelalter, um
Renaissance, Barock oder Klassizismus handelt. S0 folgen hier auf die
älteren Romantiker und Nazarener die Präraffaeliten, dann etwa Puvis de
Chavannes, und, was dann kommt, wissen wir noch nicht; aber wir ahnen
Kommendes. Der Romantik handelte
es sich um neue Beseelung der in
Formalismus geratenen Kunst.
WennwirWorte der Begründer
der beginnenden Romantik hören,
so werden wir glauben, es seien
unsere Worte. Und wir Wiener
können noch mit Stolz sagen, diese
Worte sind zuerst in Wien erklun-
gen. Schon deshalb ist es unsere
Pflicht, sie einmal wieder zu hören.
Sie werden uns aber auch am besten
in die Bestrebungen der ganzen
Künstlergruppe einführen und selbst
Führichs, der vielfach eine selb-
ständigere Stellung einnimmt.
In der österreichischen Abtei-
lung der Düsseldorfer Ausstellung
hängt eine kleine Federzeichnung
aus dem Besitz eines Wiener Kunst-
freundesi; sie stammt aus dem
Nachlasse des so jung verstorbenen
Wieners Johann Ev. Scheffer von
Leonhardshoff, dessen „Heilige
Cäcilie" in der kaiserlichen Gemälde-
galerie zu Wien gewiß in vielen Be-
suchern zarte und zugleich tiefe
Gefühle nachklingen ließ. Auf un-
serer Zeichnung ist nun die Halb-
figur eines Jünglings in langem,
„deutschemi Haare dargestellt;
durch ein Fenster blickt man auf
Ausstellung m christliche Kunst in Düsseldorf. johann die innere Stadt Wien mit dem
Friedrich Overbeck, „Ave Maria", Bleistiftzeichnung Stephansturme Auf einem Blaue
' v
(K. k. Akademie der bildenden Künste in Wien) das der mit beiden Händen
hält, liest man die Worte: IOI-I. FRIEDR Overb . . . AKAD. ano XX [An.
Dom. l8ogldem . . I Wir haben hier ein Selbstbildnis des jungen Künstlers
vor uns, ein Blatt, das er offenbar dem ihm befreundeten jungen Scheffer ein-
mal geschenkt hat und das uns nun nicht nur zu einem Zeugnisse der Freund-
4' Dr. August Heymann.