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übel-strahlte, gewesen, der
Overbeck und andere viel-
versprechende Männer und
Jünglinge nach Wien ge-
führt hatte. Und hier wur-
den ihnen durch die herr-
liche Natur, die Sammlun-
gen und denVerkehr unter-
einander die wesentlichen
Anregungen gegeben, ohne
die es kaum zu dem ent-
scheidenden Schritte ge-
kommen wäre. Overbeck
war, als er später die Ver-
hältnisse klarer überblickte,
auch gerecht und offen
genug, zu bekennen, daß er
der Wiener Akademie doch
auch als Lehranstalt Dank
schuldig sei, und als hoch-
gebildeter und sich stets
weiterbildenderMannfühlte
er, daß es, wenn Neues in
die Welt tritt, eben ohne
Gegensätze und Kämpfe
nicht abgehen könne. Väter
und Söhne, Lehrer und Schüler sind ja immer eine Zeit lang im Kampfe mit-
einander; mit der Reife jedoch erkennt man, was manI-Iausund Schule verdankt.
Kämpfe hat es aber bei Overbeck und seinen „Brüdern", die man mit
ihrem Anhang später gemeinhin als Nazarener bezeichnet, allerdings gegeben;
aber diese Männer gehörten auch zu den größten Neuerern der Kunst über-
haupt. Und ihr Kampf für das Neue war natürlich zugleich auch ein Kampf
gegen Altes und Bestehendes.
Vor allem galt ihr Kampf der Routine und dem öd Systematischen.
„Es fehlt an Herz, Seele und Empfindung", ruft Overbeck aus, als er über
die Akademie nach Hause berichtet".
Auch wehrten sich die jungen Künstler gegen den Eklektizismus, der
seit Raphael Mengs so üppig geworden war. „Man nehme eine Figur von
Michael-Angelo und lasse sie von Tizian malen; ja da bleibt sie keine
Buonarrottische Figur mehr . . ." meint Overbeck mit Recht. „Seinen Ge-
schmack bilden durch Fleißiges Anschauen und mitunter auch Kopieren der
Ausstellung für christliche Kunst in Düsseldorf. Schelier von Leon-
hardshoiT, Selbstbildnis, Federzeichnung (DnAugust HeymanmWien)
" Die Worte Overbecks sind hier nach dem Werke der Mrs. Margarex Howizh „Friedrich Overbeck"
(deutsch herausgegeben von Franz Binder, Freiburg im Breisgau, 1886) angeführt, einem Werke, das wegen
seines gewaltigen Umfangs (über xooo Seiten) weniger Leser finden dürfte, als es verdient.