Das Sticken selbst in diesem Kurse leitet Fräulein Brunner. Es werden zunächst die
verschiedenen Stiche der Hausindustrien gepflegt und für einfachere rnoderne Arbeiten,
an Kleidern und anderem, in stilistisch und technisch berechtigten Übertragungen zur
Anwendung gebracht. Dann werden unterschiedliche Leinenstickereien und Applikationen
sowie Verbindungen verschiedener Stiche geübt. Aufgefallen sind uns unter anderem
Ausstellung der k. k. Fachschule für Kunst-
stickerei in Wien. Mantel aus Roheeide mit
russischem Leinendurchbruche (in weißer und
gelber Seide)
ausgeschnittene Applikationen auf Lichtschirmen,
Vorhängen und so weiter, sowie einige hübsche
Kissen. Die Ausnutzung des Materials ist immer
sehr gut und die Muster sind nur geeignet, auf die
Schülerin geschmackbildend einzuwirken.
Übrigens sind auch hier schon die Arbeiten
vielfach nach Entwürfen der Schülerinnen selbst
angefertigt, so zum Beispiele auch das reizvolle
hier abgebildete Musterstück in Locken- und
Gobelinstich, eine Arbeit des Fräuleins Friederike
del Zopp (Abbildung auf Seite 470).
Der zweite Kurs steht unter der Leitung der
Frau Schinnerer, die durch ihre Mitarbeit an eini-
gen Untersuchungen des leider verstorbenen
Hofrates Riegl auch der wissenschaftlichen Welt
bekannt ist. Dieser Kurs pflegt zunächst dieWeiß-
Stickerei, und zwar sowohl die Monogrammsticke-
rei als die feineren Arten; dann folgen die Durch-
brucharbeiten, erst die weißen, dann die bunten,
die russische und die anderen Arten, darauf die
Pikeetechniken und die gezogenen A-jour-Arbeiten.
Der größte Teil der Stickereien ist hier schon nach
eigenen Entwürfen der Schülerinnen verfertigt.
Die hübsche und wirkungsvolle Richelieu-Stickerei
auf Seite 470 sowie das reizende Kinderhäubchen
auf Seite 473 nach einem Entwurfe der Frau
Schinnerer selbst können gewiß als Beweise eines
sehr erfreulichen Erfolges angesehen werden. Be-
sonders zu erwähnen wären auch die ägyptischen
Flechtarbeiten, die farbig zusammengeknüpften
Fransen, Taschen und Mützen, sowie die Brett-
chenwebereien in bosnischer Art, die besonders
für Gürtel Anwendung finden.
Die Zeichnungen dieses Kurses umfassen
wieder Naturstudien und Entwürfe für die hier
gelehrten Techniken und geben gleichfalls Zeug-
nis von tüchtiger Führung.
Der dritte Kurs, unter der Leitung des Fräu-
leins Schreyer, bietet zunächst Proben der chine-
sischen gleichseitigen Stichart, dann der freier
gelegten japanischen. Sehr bildend für Auge und
Hand und auch vielfach für die Praxis von Wichtigkeit sind die Nadelmalereien nach der
Natur, Blumen und Blätter, die zum Teile ohne jede Vorzeichnung unmittelbar mit der
Nadel ausgeführt sind; man vergleiche hier die Studie des Fräuleins N. von Stepski auf
Seite 47x. Golclstickereien erscheinen gesprengt, gestochen und in allen anderen Arten;
die Ausführungen sind zweckentsprechend meist für Kirchliches gedacht. Auch wird die
Maschinstickerei mit Recht nicht übergangen. Sie läßt sich aus unserem Wirtschaftsleben