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Volltext: Monatszeitschrift XII (1909 / Heft 8 und 9)

Unterricht können sich hier natürlich nicht zeigen; doch darf man wohl erwähnen, daß die 
Schülerinnen auch nach dieser Seite hin ausgebildet werden. Der Nutzen der Buchführung für 
eine spätere Stickerin, wenn sie auch nicht gerade eine eigene Werkstätte errichtet, leuchtet 
wohl ein; aber selbst die Kunstgeschichte hat neben der allgemein bildenden Wirkung noch 
praktische Zwecke, so den, die Schülerinnen bei einer der wichtigsten Aufgaben, die sich 
später für die höher ausgebildete Stickerin im Leben ergeben, der Erhaltung und Aus- 
besserung alter Kunstwerke, in mancher Beziehung zu unterstützen. Man verzeihe hier die 
Abschweifung, aber man sollte wirklich mit der Ausbesserung alter Stickereien nur gründlich 
vorbereitete Kräfte betrauen; es ist uns unangenehm zu sagen, aber es muß einmal gesagt 
sein, daß gerade in einigen Nonnenstiften und an anderen Stellen, die von Kirchen und vor- 
nehmen Besitzern zur Ausbesserung alter Stickereien bevorzugt werden, mit diesen in ganz 
unverantwortlicher Weise umgegangen wird. Zur Ausbesserung alter Arbeiten, die ja oft 
unumgänglich ist, wenn das Werk nicht ganz zugrunde gehen soll, gehört mehr als guter 
Wille, es gehört Maßhalten, Technik und wirkliches Ein- 
leben in den Stil dazu. Also auch nach dieser Seite hin 
bemüht sich die Anstalt in einer, auch für das praktische 
Leben, wichtigen Sache. Es mag ja im ersten Augenblicke 
vielleicht scheinen, daß die Schule zu viel lehrt; aber die 
Schule muß eben für die verschiedenen Möglichkeiten 
des Lebens vorbereiten und muß immer mehr bieten als 
im Augenblicke für die Praxis gerade unbedingt nötig 
erscheint. Die Augenblicke wechseln ja. Auch der Mittel- 
und der Hochschüler wird vieles lernen, was er vielleicht 
nie in der Praxis gebraucht; aber erstens hat er seinen 
Geist daran gebildet, und dann darf er im gegebenen 
Falle eben nicht versagen. Vor allem muß natürlich der 
Lehrende aus einer gewissen Fülle bieten können, wie es 
etwa in Wilhelm Meisters Wanderjahren heißt: „Es ist 
nichts schrecklicher als ein Lehrer, der nicht mehr weiß 
als die Schüler ebenfalls wissen sollen. Wer andre lehren 
will, kann oft das Beste verschweigen, was er weiß; aber 
er darf nicht halbwissend sein." Und eine solche Anstalt 
wie die Fachschule für Kunststickerei hat unter den ver- 
schiedenen Aufgaben, von denen einige schon berührt 
wurden, natürlich auch die, selbst wieder Lehrkräfte zu 
bilden, die ja doch irgendwo ausgebildet werden müssen. 
Tiefer blickende Engländer haben unter den Hauptgründen 
des gewaltigen Aufschwunges der deutschen Industrie die große theoretische Vorbildung 
der Deutschen erkannt und den Mangel der Engländer daran als Ursache ihres relativen 
Rückganges. Man soll deshalb die Theorie nicht überschätzen, aber man unterschätze sie 
auch nicht. Das Beste liegt in einer Vereinigung von Theorie und Praxis, wie sie auf einem 
Gebiete gerade an dieser Schule infolge einer klugen Organisation und unter der glück- 
lichen Führung der praktisch geschulten Stickerin durchgeführt ist. Möge dieser Anstalt 
eine gleich segensreiche, ruhige Weiterentwicklung vergönnt sein. M. Dreger 
 
Ausstellung der k. k. Fachschule für 
KunststickereLWien.Kinderhäubchen, 
Entwurf des Fräuleins Hofmanninger 
ÜDVVIG LOBMEYR. Der Direktor des k. k. Österreichischen Museums hat an das 
I-Ierrenhausmitglied Ludwig Lobmeyr aus Anlaß der Vollendung seines 80. Lebens- 
jahres folgendes Glückwunschschreiben gerichtet: 
„Hochverehrter Herr Lobmeyr! 
Der Tag, an welchem Sie in voller körperlicher und geistiger Frische Ihr 8o.Lebensjahr 
vollenden, ist ein Freudentag für alle, die Ihnen in Arbeit und Gesinnung, in Hochschätzung
	        
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