ERLINER CHRONIK. In der ägyptischen Abteilung des alten Museums ist zur-
zeit eine fesselnde Ausstellung antiken Schmucks aus dem Pharaonenland zu sehen.
Und der Reiz dieser Ausstellung liegt nicht nur in der Märchenphantasie dieser aus Königs-
grüften auferstandenen Kostbarkeiten, sondern auch in den Gegenwartsberührungen.
Viele von diesen Edelschmiedarbeiten stehen dem heutigen Geschmack recht nah.
Schon die Vorliebe für die Halbedelsteine, für Opale, Karneole, Amethyste, Lapislazuli,
Chalzedone, berührt vertraut. Die Neigung, aus solchen Steinen zierliche Tiere zu schnitzen
zu Anhängern, Portebonheurs, Amuletten, die sich in den Auslagen der Juweliere vor allem
in den mondänen Sommerplätzen betätigt, findet hier ihre Ahnen und Vorbilder. Graziös
lebendige Kleinskulpturen sieht man in diesen Vitrinen: einen Steinbock aus Türkis, Affen,
zusammengekauert oder fruchtfressend aus Blutstein, eine Äflin mit Jungen aus Lapis-
lazuli, Frösche und Katzen aus Jaspis, Tauben aus Karneol. Auch in ostasiatischer Klein-
kunst hat übrigens solche Tierbijouterie Verwandtes.
Dann gibt es Zellenschmelzarbeiten, bei denen man an Lalique denken kann: oval-
schweiiige Kettenglieder in Goldgespinnst und ausgefüllt mit Cloisonne-Email in der
Musterung schwimmender Pupillen oder ein Anhänger, der Seelenvogel mit dem breit-
gespannten Flügelgeiieder in schillernder Aderung.
Interessant sind auch andere Kettenkombinationen: ein langgestreckter Schlangenleib
aus biegsam schnellendem Goldgetlecht mit schlank ziseliertem Kopf als Schloß und Schluß-
stück. Korallen- und Kugelschnüre erhalten als Zwischenglieder Karneol- und Lapislazuli-
ligürchen, teils Tiere, wie vorhin beschrieben, teils Götterbilder, oder zwischen aufgereihten
Gold- und Muschelperlen hängen Granatapfel- und Palmettenzierate herab aus Gold,
Jaspis und auch aus blauer Fayence geformt. Das Hauptstück ist aber die außerordent-
liche Ringkollektion. Meist Siegelringe, entweder mit beweglicher, zwischen den beiden
Reifenpolen drehbarer Platte oder aus einem Stück gefügt, so daß der Ring sich zu der
ovalen Bügeliläche verbreitert. Bei den beweglichen ist der Reif einmal als gebogener
Lotusstengel modelliert und als Mittelplatte pendelt zwischen seinen Enden ein grün-
grauer Skarabäus. Oder dies Mittelstück ist ein Jaspisoval mit eingeschnitztem Ornament
aus Blumen- und Blattwerk und schwimmenden Fischen.
Den Charakter des Siegelringes betonen reiner noch die Goldreifen aus einem Gul]
mit der gravierten Mittelplatte. In sie sind ornamentale Namenszüge eingegraben und
legendarisches Figurenwerk: die löwenköptige Göttin Sechmet in griechischer Gewandung
und Isis, die den kleinen I-Iorus säugt.
Beachtenswert sind schließlich noch die Ohrgehänge, meist Rundreifen; auch
Smaragd- und Achatperlen werden darauf gereiht, in Delphin- und Löwenköpfe gehen sie
aus und vignettenhaft hängt ein Goldfiligranvogel von ihnen herab _ Salambo-Schmuck . . .
Eine Sonderausstellung des Kunstgewerbemuseurns gibt einen Einblick in das Arbeits-
feld der handwerklichen Meisterkurse. Die tätige und fruchtbare Landesgewerbeanstalt
in Nürnberg zeigt die Resultate solcher Kurse. Lehrer sind Riemerschmied und Behrens.
Vielseitige I-landfertigkeiten produzieren sich. In der Ziselierklasse erfreuen schöne Stücke
aus Zinn: eine kugelige Glasflasche, die obere und untere Wölbung in Zinn montiert und
diese beiden Kappen mit schmalen vertikalen Querstegen verbunden; I-Iumpengefäße in der
Art alter Innungs-Schaugeräte mit Behang von durchbrochenen Plättchen und von Hirsch-
zähnen, von Grandeln und Haken. Geschmack zeigen die Elfenbeinarbeiten von F. Semelroth.
Dosen, Schalen, Falzbeine erhalten leicht im Grund liegendes Reliefschnitzwerk, Friese
und Kränze in zart verwischter Antönung, rötelfarben und rosagelblich. Einen Stielfächer
komponiert er mit geschnitztem und getöntem Elfenbeinblatt, aus dem die Straußenfedern
ausstrahlen. Und solche herz- und ellipsenförmige Blätter werden auch mit Steinen in-
krustiert und als Anhänger für Schmuckketten verwendet. Spindelartig gedrehte Elfenbein-
knöpfe dienen als Hutnadelabschluß.
Sehr liebenswürdig wirken die bayrischen Schnitzereien in schlichten Maserhölzern.
"Sebastian Schrobenhauer, Bildschnitzer aus Berchtesgaden" _ schon der Name hat
e.