gehört gleichfalls in die unmittel-
bare Nähe der Rauriser Kacheln
(Abb. 95). Die derbe, breite Be-
handlung des Kopfes und Details
an der Kleidung lassen die gleiche
Hand erkennen. Da der Mann einen
Laib Brot in der Linken hält und
diese Kachel an ihrer Rückseite
nicht angebrannt ist, war sie ver-
mutlich das Hauszeichen eines
Bäckers.
Neben dem Lande Salzburg
ist auch Tirol im Besitz eines voll-
ständig erhaltenen gotischen Ofens.
Er steht in der landesfürstlichen
Burg zu Meran, an der südlichen
Grenze des Verbreitungsgebiets
unseres deutschen Kachelofens.
BeiwürfelförmigemFeuerraumund
zylindrischem Oberteil ist er durch-
wegs aus kleinen Kacheln aufge-
baut. Die kleine grünglasierte
Wappenkachel ist für Tirol bis in
das XVIII. Jahrhundert hinein
Abb. m2. Grüne Nischenkachel mit Turm- und Zinnen-
krönung. Ennstal XV. Jahrhundert. Höhe o'3o Meter typischgebliebem Um Somehrübep
rascht das große Format der zwei
Nischenkacheln mit den Wappen Österreichs und Tirols (Abb. 96). Ihre Her-
kunft aus dem Inntal ist anzunehmen und damit der Kontakt mit den großen
Kacheln des Salzachtals hergestellt. Für diese Beziehungen Tiroler und
Salzburger I-Iafnerkeramik spricht noch eine Reihe gotischer Kacheln,
welche die Sammlung Figdor im Inntal erworben hat. Sie gleichen im
Material, der grünen Bleiglasur und im Charakter der Reliefs den Arbeiten
des Salzachtals.
Über das ältere Wiener Hafnergewerbe haben wir bereits an andrer
Stelle (vergleiche VIII. Jahrgang, Seite 553 bis 576) ausführlicher berichtet. Wir
wiederholen daraus, daß der Sammlung mehrere Kacheln vom gotischen
Ofen der Sakristei zu St. Stephan angehören. Nach dem Prunkofen der Feste
I-Iohensalzburg war das Wiener Exemplar jedenfalls das bedeutendste Werk
süddeutscher Hafnerkeramik. Aus den Dimensionen der noch erhaltenen
Kacheln läßt sich auf die Größe und die allgemeine Form dieses Ofens
schließen. Wer seine Abtragung, beziehungsweise die Entfernung der ver-
mutlich auf dem Kirchenboden schon längere Zeit lagernden Teile veranlaßt hat,
ist unbekannt. Im Jahre 1867 noch waren diese im I-Iofe des Hauses eines
Altertumshändlers in Wien zu sehen und dort zu mäßigen Preisen käuflich.