Als erster erwarb Adalbert von Lanna die beiden großen Eckkacheln mit
den weiblichen Halbfiguren im Kostüm des ausgehenden XV. Jahrhunderts
und den großen Wappen. So sind diese dem Lande erhalten geblieben. Es
folgten mit Ankäufen größerer Partien das germanische und das k. k. Öster-
reichische Museum. Mehrere nach dem Ausland verschleppte Stücke konnte
Figdor in der letzten Zeit zurückerwerben. Eine dieser Kacheln trägt die
Figur des Nikolaus von Bari (Abb. 97), eine andre zeigt den Riesen Offero,
wie er das Christuskindlein auf den Schultern über das Wasser trägt
(Abb. 98). Die weiße Glasur ist vorherrschend, daneben sind Blau, Grün und
Gelb verwendet und ein leichtes Rot den Wangen in den Gesichtern auf-
gesetzt. Kleine im Kachel-
rand angebrachte Konsolen
mit darüber angeordneten bal-
dachinartigen Fialen waren
ehemals zur Aufstellung frei-
händig modellierter Heiligen-
tigürchen bestimmt. Die Stif-
tung dieses Ofens bringen
wir mit der im Jahre 1496 er-
folgten Vermählung Philipps
des Schönen von Österreich
und Burgund mit Johanna,
Tochter Ferdinands des Ka-
tholischen von Aragonien,
in Verbindung. Der Name
des Fertigers ist unbekannt.
Hafnermeister Martin Prei-
schuch, welcher 1463 dem
Bürgermeister der Stadt einen
"Ofen mit glasaurten Kacheln
mit pildwerch" lieferte und
sein Nachfolger Meister
Stephan Span, der 1486 einen
schönen Ofen in die Ratstube
setzte, kämen hier in erster
Linie in Frage. Für die Ge-
schichte unseres I-Iafner-
gewerbes ist es jedenfalls
bezeichnend, daß in Wien
bereits um r46o Öfen aus
glasierten Kacheln mit bild-
lichen Darstellungen gefer-
tigt wurden. - Die große
Abb. x03. Unglasiene Nischenkachel mit der Figur des segnenden
tiefe Nxschenkachel, welche Gott Vaters. Kuttenberg in Böhmen, XVJahrh. Höhe o'3x Meter