die kleine Kachel mit einem Liebespaar
und einem Schalksnarren (Abb. 1x9). Die
bildende Kunst folgte mit ihren Dar-
stellungen und in unserem Falle mit der
Figur des Narren der Literatur, den
Schriften der Gelehrten und Geistlichen,
die gegen die Eitelkeit des Welttreibens
eiferten und die Begierden des Menschen
als Torheiten brandmarkten. S0 erklärt
sich die Einführung des Narren, der be-
sonders gern hinter einem liebenden
Paar steht und es verspottet. In einem
andern Falle sitzt er als freihändig und
vollrund modellierte Figur mit unter-
schlagenem Bein auf einer Eckkonsole
des Ofens und betrachtet von dort aus
verächtlich das törichte Leben, das sich
in der Stube abspielt (Abb. 120). Um
1550 datieren die ersten Versuche, jede
Seite des Ofens mit einer einzigen großen
Kachel Zll belegen. DiBSCT RlChtLlDg gß- Abb. x22. Gelbglasienes Kachelmittelstück mit
hört ein Miniaturofen aus schwarzem "m"Chmägem-ggdsltziffh,"m'55"Höhe
Ton mit stellenweiser Vergoldung an
(Abb. 121). Der Feuerkörper trägt die Bildnisse Kaiser Karls V. und König
Ferdinands I. in einer Eichenblatturnrahmung, die von den Medaillons
auf der Nürnberger Krause aus der Werkstatt des Hafners Reinhart beein-
Hußt scheinen (vergleiche Tafel I). Weiters ist das freiplastische Wappen
von Pfalz-Zweibrücken und das Wappenkreuz des deutschen Ordens an-
gebracht. Der obere Teil dieses Ofens ist zu einem zweistöckigen Gebäude
mit Fenstererkern ausgestaltet. Signiert ist das Stück mit RD, dem Mono-
gramm eines unbekannten Meisters, der sich speziell mit der Anfertigung
von kleinen Öfen für Puppenstuben und Ofenmodellen beschäftigt hat. Es
sind mehrere, in gleicher Weise signierte Stücke bekannt. Mit einem gelb
glasierten Modell für das Mittelstück einer Kachel, zwei Fackelträger dar-
stellend, beschließen wir den Bestand der Sammlung an Renaissancekacheln
deutscher Provenienz (Abb. x22).
In den österreichischen Alpenländern vollzieht sich nach der brillanten
Epoche der großen gotischen Nischenkachel die Entwicklung der Tafel-
kachel in ziemlich bescheidener Weise. Aus einer in vier Farben ausgeführ-
ten Kachel mit der Figur der heiligen Barbara (Abb. 123) spricht der religiöse
Sinn des österreichischen Handwerks, für den wir im Ofen der Sakristei zu
St. Stephan und im Ofen der Feste Hohensalzburg so glänzende Beispiele
vorgefunden haben. Es ist hier die Stelle, solches ausdrücklich zu erwähnen,
weil um die Wende des XV. Jahrhunderts unser Handwerk in Süddeutsch-
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