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Als schöne oder häßliche Frauen üben die Feen ihren Zauber aus. Sie lassen
Jünglinge die Wunderblume finden und mittelst derselben ihren Krystallpalast betreten,
wo sie ihnen Gold und Edelsteine spenden (Schatz im Sternberger Schloß).
Die weisen Frauen bereiten für arme oder kranke Leute aus heilenden Kräutern
Salben und Arznei (Trebitsch und Groß-Meseritsch). In den Gebirgsgegenden der
böhmisch-mährischen Grenze spielt die Alraunwurzel (munckroZorn) jetzt noch eine
verborgene Nolle. Nach Verbreitung des Christenthums erstanden ans den Alraunen die
Genossinnen des Teufels, die Hexen.
In Schönbergs Gauen, zum Altvater hin, waren der Peterstein, früher der hohe
Ruck (Rücken) geheißen, dann der Hexenstein bei Petersdorf die Hanptversammlungsorte
der Hexen. Eine Hexensage knüpft sich auch an Stangendors. Hier quollen nämlich vor
vielen hundert Jahren aus sieben Gründen Wässer zu Tage und belebten mehrere Mühlen.
Da bettelte ein dunkles Weib von Mühle zu Mühle um Brot, erhielt aber nur harte
Worte und Schläge. Aus Groll riß es mit rachsüchtigem Fluche die Fetzen vom Leibe und
verstopfte die Quellen. Seit jener Zeit sind sie versiegt und die Mühlen verschwunden. Die
alte Hexe hält aber unsichtbar treue Wacht und Niemand wagt es, die Quellen zu öffnen.
Sehr verbreitet sind auch jene Sagen, an die sich der Glaube knüpft, daß begangener
Frevel den Urheber noch bei Lebzeiten durch Verwünschung in ein Thier oder Ver
wandlung zu Gestein, nach dem Tode aber durch ruheloses Umherwandeln bestraft.
Dergleichen erzählt man von den Mädchen in der Burg zu Türnan bei Mährisch-
Trübau und von jenem in der Schloßruine Alttitschein, die in weißem Kleide zur Harfe
Klagelieder singend um Mitternacht herumwandeln und der Erlösung harren, nachdem sie
in ein häßliches Gewürm verwünscht wurden; oder von der Jungfrau des Schlosses in
Neuhaus bei Schönberg, die, in einen feuerschnaubenden Drachen verwünscht, nur mittelst
eines Haselästchens erlöst werden könne; weiter vom Mann in Wolfsgestalt in den Forsten
der Umgebung Brünns.
Mit Vorliebe rankt sich die Sage um abenteuerlich geformte Gestein gebilde. Eine
solche romanhafte Sage knüpft sich an den Nabenstein bei Znaim. FeeHiltrndewandelte
einst im Vollmondschimmer zum Thaya-Fluß, um heilkräftige Zanberkrünter zu sammeln,
und traf einen schlafenden Nitterjüngling. Von heftiger Liebe entbrannt, weckt sie den
Schlafenden und bietet ihm in ihrem Zauberschlvsse eine Ruhestätte an. Ritter und Fee
werden Mann und Weib. Vier blühende Knaben entsprossen dem Paare. Auf einem
Streifznge erfährt der Ritter die Schreckensnachricht, daß sein Vater gefangen im Thurm
verließ der nahen Burg Znaim schmachte. Doch zu spät kömmt er zur Rettung. Er
umarmt nur mehr seines Vaters kopflosen blutigen Leichnam. Von Wahnsinn ersaßt,
tödtet er seine drei Kinder, welche vor dem Felsenschlosse spielen; als er aber den vierten