Postkutsche. Markus Behmer strichelt minutiös ironische Epigramme im haarscharfen
Gravierungsstil. Der Engländer Conder bringt in zarten, rötelüberhauchten Lithographien
sein graziöses Rokoko im Schein einer orientalischen Wunderlampe: fetes galantes, traum-
hafte Gartenszenen, preziöse cours d'amour, spanisch-exotische Szenerien. Walter Klemm
erinnert an Orlik in seinen saftigen Holzschnitten vom Kirchgang und Viehmarkt in Dachau
mit den ornamental-fiächig benutzten breiten Röcken der Frauen und den scheckigen
Rücken der Rinder. Und japanisierend ist der geschwungene Brückenbogen im prasselnden
Strichregen. In der Toulouse-Lautrec-Kollektion bannt ein seltenes Blatt: Mademoiselle
Elsa, ein pikant verwischter Puderkopf über einem blauen Umhang von gefiederweichem
Schmelz.
Kuriositätsreiz haben schließlich die Arbeiten von Ilna Ewers-Wunderwald: Eulen,
Hähne (im federüiegenden Kampffuoco), ein Truthahn, Disteln voll peinlichster Detail-
genauigkeit, von einer gewissen Pedanterie im Dekorativen, dabei aber von einem email-
haften Farbenglanz. F. P.
INE SIGNIERTE ALTWIENER PORZELLANGRUPPE VON
J. NIEDERMEYER. In dem von Josef Folnesics und mir herausgegebenen
Werke über die Wiener Porzellanmanufaktur habe ich (S. 170) eine Anzahl stilistisch und
sachlich zusammengehöriger Gruppen und Figuren antiken mythologischen Inhaltes
besprochen, die auf „Grund der genauen anatomischen Kenntnisse, der kräftigen, noch ganz
barocken Modellierung, der eigenartigen, marmorartigen Stilisierung der kurz gelockten
Haare und der Sujets sofort erkennen lassen, daß es sich um Werke eines von der Groß-
plastik stammenden, unter dem Einflüsse der Kunst Raphael Donners stehenden Bildhauers
handelt". Ich stellte ebenda die Hypothese auf,
daß dieser Künstler wohl der erste Modellmeister
der Kaiserlichen Fabrik, Joh. Josef Niedermeyer,
gewesen sei. Nun tauchte vor kurzer Zeit eine
unbemalte Gruppe auf, die in die oben beschriebene
Kategorie gehört. Die Darstellung ist die des
Kampfes zwischen Herkules und Antäus und im
Porzellanwerk (S. x74) ist ein gutes Exemplar des-
selben Modells aus dem Besitze des Herrn Gottfried
Eißler in Wien, der auch das hier zu besprechende
Exemplar erworben hat, abgebildet. Die neuaufgetauchte
Gruppe bezeugt nun endgültig dieAutorschaft Nieder-
meyers und ist deshalb von höchster Bedeutung für die
österreichische Kunstgeschichte des XVIII. Jahrhunderts.
Abgesehen von der sorgfältigen und detaillierten Durch-
arbeitung, die sofort erkennen läßt, daß ein tüchtiger Meister
sie nach dem Ausformen bossiert hat, trägt sie auf der
Sockelplatte vorne unter der Glasur die eingeritzte Inschrift:
aus der zur Evi-
lfä: - " 1); denz hervorgeht,
J ülaejrlnqely In daß die im Por-
zellanwerk von mir aufgestellte Hypothese eine richtige
war. Die Gruppe (22-3 Zentimeter hoch) stammt aus dem
Jahre 174g, der Übergangszeit von der eingedrückten zur
unterglasurblauen Fabriksmarke. Der Bindenschild ist auf
der Rückseite der Sockelplatte eingedrückt (Porzellanwerk,
Markentafel u), im Innern des Sockels befindet sich der
Wiener Porzellangruppe, um
1749, von dem Modellmeister _ _
J_ J, Niedmneye, (Sammlung blaue Bindenschild, neben der Modellmarke D. Damals hat
Gottfried Eißler-Wien) man viel mit neuen Massemischungen experimentiert, wie