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Objekt: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 3)

und grossen künstlerischen Individualitäten in seiner Masse unkünst- 
lerisch, unsinnlich und schwerfällig ist, und dann war der geringe 
Procentsatz an Kunstgefühl und Kunsterfassen in diesem Volke 
durch die grossen Geisteskämpfe, durch das abstracte Quälen 
seiner Philosophen noch unterdrückt worden. Nicht zuletzt hemmte 
der unerträgliche geistige Hochmuth, das Resultat des Philister- 
und Krämersinns, gesteigert durch das Bewusstsein dieser Geistes- 
kämpfe. 
Aber alle diese negirenden und retardirenden Momente waren 
nicht stark genug gegenüber der lachenden Siegfriedsstärke, welche 
die moderne Kunst ziert und zum Siege führt. Dass der Weg zum 
Siege ein gerader, zielbewusster, richtiger sei, ist die Aufgabe der ein- 
zelnen Nationalitäten. Denn neben den individuell künstlerischen 
Qualitäten ist vor allen Dingen die Stärke und Wahrheit des natio- 
nalen Gehaltes mitbildend für den Begriff des Kunstwerkes. Ein Blick 
über diejahrtausende der Kunstentwicklung, wie sie dank der wissen- 
schaftlichen Kunstgeschichte vor uns liegt, überzeugt mehr als jeder 
weitere Beweis. i 
Die deutsche Kunst ist lange und tiefgehend national gewesen in 
ganzen Stilen und in einzelnen Individualitäten, so in Schongauer, 
Dürer, Kranach (so lange er jung und kein Kaufmann war), in Els- 
heimer, Chodowiecki, Schlüter, in Beethoven, Wagner und Bruckner, 
in Richter und Schwind. 
Nationale Künstler, Führer auf dem wahren Wege sind ferner 
Böcklin und Klinger, germanisch durchaus trotz der Südlichkeit ihrer 
Kunst und von allen Dingen Hans Thema, der deutscheste der 
deutschen Künstler, in seinem Wesen wie in seiner Kunst und deren 
Emanationen. 
Es gehört ein Einblick in die ganze Kunstentfernung des 
deutschen Volkes während der letzten Decennien dazu, um die totale 
Verkennung grosser Künstler seitens der eigenen Brüder zu begreifen, 
wie sie, um nur diese markantesten herauszugreifen, Böcklin, Thema 
und Klinger widerfahren ist. Denn was will das Häuflein der wenigen 
fühlenden Enthusiasten sagen gegenüber der eisig starren, dumpfen und 
schmählenden Menge der „Gebildeten"? Darum ist auch das Böcklin- 
fest, das von allen Seiten her Ehren mancher Art auf den greisen 
Meister hereinfluten liess, den alten Freunden desselben mehr 
Wehmuth als Freude erzeugend gewesen. Und der Alte von San 
Domenico selbst mag seltsam mit seinen leuchtenden stolzen Künstler- 
augen dreingesehen haben, als er von allerorten und von allerseits 
umjubelt wurde.
	        
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