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Drehscheibe; die Wandung ist dünn und sauber geglättet. Die Verzierung,
auch hier durch Einschneiden, Stechen und Ritzen bewirkt, bedeutet durch
die nach einem bestimmten System für den oberen Teil des Gefäßes oder
nur für ein Mittelband angewendete Ornamentierung entschieden einen
Fortschritt. Der Hals ist deutlich abgesetzt, die Stelle des größten Durch-
messers durch ein Mittelband oder durch das scharfe Absetzen des Profils
- zumal durch eine eckige Ausladung des Gefäßbauches gekennzeichnet.
Aus den La-Tene-Arbeiten entwickelten sich die merovingisch-frän-
kischen Gefäße und in weiterer Folge jene des späten Mittelalters. Es ist also
nicht richtig - zum mindesten soweit die Keramik in Betracht kommt -e
Abb. 25 und 16. Reliquienkapsel mit dem Siegel des Trieminer Bischofs Friedrich von Wanga, XIII. jahr-
hunden, im geschlossenen und im geöifneten Zustande (Sammlung Figdor)
die kunstgewerblichen Arbeiten der Germanen für die Periode von der
Völkerwanderung bis zu den Karolingern als Schöpfungen eines neuen,
durch die Völkerwanderung über ganz Europa verbreiteten Barbarenstils,
der die antike Kunst abgelöst oder ersetzt hätte, zu betrachten. Es hat
ebensowenig eine neue selbständige Schöpfung der Germanen wie eine
barbarische Umbildung spätantiker, also weströmischer und oströmischer
Elemente stattgefunden. Ganz deutlich ist für die fränkische und spätmittel-
alterliche Zeit das Weiterleben der Gefäßformen aus der jüngeren La-Tene-
Periode erkennbar. Ohne von der römischen Gefäßkunst beeinilußt zu
werden, hat die germanische Keramik durch La-Tene-Einfiüsse einen höchst
eigenartigen, künstlerisch bedeutsamen Ausdruck angenommen und ist
allmählich jener Kulturerscheinung entgegengegangen, die wir durch den
Inhalt der merovingisch-fränkischen Skelettgräber kennen.