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Full text: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 2)

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Geschmack er folgende treffende Worte sagt: „Ein seltsamer Ernst, ruhige 
Unbeirrbarkeit, nüchterne Strenge und Sachlichkeit gehören zur Charakteristik 
dieser Ästhetik, aber das Hervorstechendste ist die entschiedene Abneigung, 
Dingen, die an sich unbedeutend sind, durch schmiickende Zutaten ein 
bedeutungsvolles Aussehen zu geben. Trotz absichtsvoller Bescheidenheit 
besitzen aber diese Dinge doch eine Art vornehmer Schönheit, die, mag sie 
sich vom Schönheitsideal vergangener Zeiten noch so sehr unterscheiden, 
uns durch ihre innere Wahrheit anspricht. Unser an Kunstwerken der 
Vergangenheit großgezogenes ästhetisches Empfinden mag sich gegen alle 
diese Erscheinungen, unter welchen die Tracht der Männer vielleicht die 
befremdendste ist, noch so sehr sträuben, wir können uns von ihnen nicht 
trennen, und befriedigen sie auch nicht unser fast nur durch historische 
Schulung ausgebildetes ästhetisches Bedürfnis, so finden wir sie doch elegant 
und haben dabei die sichere Empfindung, daß diese Formen in vieler 
Beziehung modernem Denken und Fühlen entsprechen." 
Wie sich dieses letztere durch die retrospektive Periode der zweiten 
Hälfte des XIX. jahrhunderts hindurch entwickelte, um im letzten De- 
zennium einer neuen Kunstblüte 
Raum zu geben, schildert Georg 
Lehnert, wohl mit zu großer Breite 
in der Behandlung jener Zeit, der 
man vorwiegend ein Ringen und 
Versuchen und nicht ein sicheres 
Gelingen in künstlerischem Sinne 
nachrühmen kann. So mußte seine 
Darstellung sich mit Dingen be- 
fassen, die besser jener Vergessen- 
heit überlassen würden, der sie 
sicher als minderwichtige Zwischen- 
stufen anheimfallen müssen. 
Der überschauende, zusammen- 
fassende Darsteller großer Zeit- 
räume wird stets mit Berechtigung 
an Erscheinungen vorübergehen, 
die eine spätere Generation als voll- 
kommen überwunden betrachten 
darf, wenn sie auch für die Forscher- 
arbeit wertvoll sind und wenn auch 
die wissenschaftliche Gerechtigkeit 
ihre Existenzberechtigung aner- 
kennt.Wenn also speziell im Kunst- 
gewerbe der zweiten Hälfte des 
XIX. Jahrhunderts im allgemeinen 
 
_ _ Schrank mit geschnitzten und vergoldeten Reliefauflagen, 
nur ein vorbereitender Charakter Wien, um 1800
	        
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