schreitet, so schwere Kämpfe sie auch zu bestehen hat. Eben darum wollen
wir auch an der Richtigkeit der begrifflichen Trennung, an der Klassifizierung
und Umschreibung jüngst vergangener und im Werden begriffener Erschei-
nungen nicht Kritik üben. Es ließe sich manches dagegen einwenden -
Abschließendes kann aber heute noch niemand darüber äußern, darum genügt
es im Augenblick und bleibt wertvoll, daß in einer Geschichte des Kunst-
gewerbes die jüngste Zeit mit Liebe und Temperament behandelt wurde.
Darum ist dem tapferen Herausgeber der Dank weiter lernbegieriger Kreise
sicher, denen aus einem gründlichen Studium der Vergangenheit heraus der
Weg durch das Kampfgebiet der Gegenwart und ein begeisterter hoffnungs-
froher Ausblick in die Zukunft gezeigt wird.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN Sie VON
LUDWIG HEVESI-WIEN Sie
ÜNSTLERHAUS. Der Aquarellistenklub der Künstlergenossenschaft hatte seine
XXIV. Ausstellung. In diesen Winter, der aus Märztagen besteht, paßten diese
leichter geschürzten Künste gut hinein. Der Klub hat einen feinen, angenehmen Gesamtton,
es distoniert nichts darin; höchstens daB ein geehrter Gast wuchtiger auftritt oder als
neues Gesicht stutzen macht. Einer von ihnen, Hans von Bartels, hatte den Ehrenplatz,
mit einem allerdings vollsahigen Genrestück, das schon in München rühmliche Sommer-
karriere gemacht hat. Und in einem Kabinett war der Verein Münchener Aquarellisten
beisammen, in dem ein breites, tiefgreifendes Farbenwesen, wie mit dem Schwamm auf-
waschend, große Flächen füllt. Rudolf Koselitz („Altes Hammerwerk"), Max Giese
(„Blühende Wiese"), W. G. Hertling („Winter in Franken"). Als Gegensatz dazu, noch
immer, die sauberen Genreszenen Rene Reinickes, die einst das Modernste waren und mit
unserem Ludek Marold in den „Fliegenden" als Note der Zeit wetteiferten. Unsere Wiener
nehmen die Natur jedenfalls von der appetitlichsten Seite. In ihren Landschaften ist es
eine Annehmlichkeit zu leben. Wie Damaut seinen Park von Plankenberg (Schindlerschen
Angedenkens) darstellt, aber auch die mächtige Gebirgswelt des I-lochkalter, in feinster
Abgewogenheit. Oder wie Tomec seine warmen Spätnachmittage über einen hochgewölbten
Horizont hinbreitet, den er gern mit ungezählten Ackertafeln füllt. Zur Abwechslung zieht
er sich in das lauschige Grau einer Stube zurück, mit lauter Tellern an den Wänden, oder
in ein „Adagio" von Rokoko. Oder wie Pippich so einen Bauernhof mit wohligem Klima
füllt, im Sommer aber mit der unvermeidlichen „Tha1ia" ins Skandinavische ausfiiegt und
niedliche Reisenotizen sammelt. Oder wie Konopa die Ferdinandsbrücke mitten im Ab-
bruch von unten her „knipst", oder Geller sein kleines Marktgewimmel in immer anderes
Licht setzt, oder Bernt in Grinzing auf Veduten ausgeht, die er x823 datieren könnte, oder
Graner im Prinzip schon demolierte Franziskanerplätze wenigstens in efligie zum Leben
verurteilt. Man hat sie so oh an der Arbeit gesehen, aber man sieht immer wieder zu.
denn sie treiben ein sauberes Handwerk. Kasparides, Brunner, Suppantschitsch, Ameseder,
Ranzoni, Zoff, Ruß -die Namen sagen schon: was und wie. Grill sei eigens herausgehoben
für seine große farbige Zeichnung einer blühenden Wiese. Und Czech mit seinem Langen-
dorfer Park, jungwirth mit seinen lebendigen Blumen. Das Figurale hält zurück (Karlinsky.
Gsur, Ruzicka, Schiff und ein „König Laurin" von Jobst). Interessant ist es, wenn die
Mappen ausgeleert werden und die Studien das Tageslicht erblicken. Von Epstein (geist-
reich traktiert), Koch, Wesemann. Sterrers große Akte, Köpfs Kreidemotiv aus Brügge,
Windhagers auffallend gute Radierung („Babylonischer Turm") zeigen, daß man auch ins